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aus: Interim Nr.16, 12.08.1988 < zu den Kapiteln:    1    2    3    4    5   

Aktionstag gegen Bevölkerungs- und Entwicklungspolitik, Rassismus und Sexismus

2. Tag Dienstag, 27.9.1988

Überbevölkerung in der 3. Welt
Geburtenkontrolle in Puerto Rico
40% der Frauen sterilisiert
§ 218 - Mord am ungeborenen Leben
80% türkischer Kinder in Kreuzberger Schulen
Sterben die Deutschen aus?
Humangenetische Beratungsstellen
Überflüssige Menschen?
Bevölkerungspolitik!

Überall in der Welt versuchen die Menschen, frei und selbstbestimmt zu leben. Sie fügen sich einfach nicht in die Verwertungsbestrebungen des Kapitalismus. Sie verweigern oder organisieren sich gegen ihre Unterdrücker, kämpfen für ihre Selbstbestimmung. Der Angriff der Bevölkerungspolitik richtet sich gegen alle Menschen, die sich nicht in die Verwertungsstrategien des Kapitals fügen und sich wehren.

Im Zentrum des Angriffs stehen die Frauen. Nicht nur daß sie schon seit dem Bestehen patriarchaler Macht die Reproduktionsarbeit, d. h. Hausfrauenarbeit, Kindererziehung usw. leisten, sondern gerade weil Frauen entscheidende Trägerinnen des Widerstands sind. Durch Gen- und Reproduktionstechnologie verschafft sich das Kapital einen direkten Zugriff auf die Gebärfähigkeit, das Leben und den Körper der Frauen. Sie sagen es ganz offen: es ist leichter, einen Guerillero im Uterus seiner Mutter zu töten als im Dschungel.

Die Bevölkerungspolitik der 80er Jahre ist zentraler Bestandteil der Politik von IWF und Weltbank. Kernpunkt dieser Politik ist dabei die Herauslösung der für das Kapital verwertbaren Menschen aus der Masse der Weltbevölkerung. Da die weltweiten Klassenkämpfe für das Kapital zunehmend unkontrollierbar werden, ist dieses gezwungen, mit einem globalen Konzept der Auslese und Vernichtung zu antworten.

In den Metropolen geschieht das über die humangenetischen Beratungsstellen, die bereits vor der Geburt eines möglicherweise für das Kapital nicht verwertbaren Kindes die Frau von dieser abhalten sollen. Die genetische Erfassung, die sog. Gesundheitsreform, die Ausgrenzung der Frauen, der AusländerInnen, der Alten und Kranken und all derer, die sich nicht integrieren, folgen demselben zutiefst rassistischen Prinzip.

In den Ländern der drei Kontinente erscheint dieser Angriff noch um vieles brutaler. Das Instrumentarium des Kapitals reicht dabei von der Vertreibung der Menschen mittels der Zerstörung selbstversorgender Strukturen und des Einsatzes des gentechnologisch modernisierten Agrarbusiness bis zum Einsatz der Entwicklungshilfe zur Aufstandsbekämpfung und Befriedung der Menschen und der Inszenierung regional begrenzter Kriege.

Die entstehenden Flüchtlingsströme sollen entweder in den Weltmarktfabriken vernutzt oder durch den Einsatz von Hunger als Waffe gegen die nicht Integrierbaren vernichtet werden. Bevölkerungsreduzierende Maßnahmen, Zwangssterilisierungsprogramme, Dreimonatsspritzen und der § 218 sind dabei Teil des gleichen Programmes. Die Frauen sollen nicht mehr bestimmen können, ob sie Kinder haben wollen, sondern die Herren der Macht wollen sich den Zugriff auf die Körper der Frauen sichern. Hier nennen sie Abtreibung Mord am ungeborenen Leben, in den drei Kontinenten reden sie von Überbevölkerung.

Übervölkerung gibt es nicht

Überbevölkerung im Sinne des Kapitals heißt: überflüssig für die Erwirtschaftung von Profiten, überflüssige Esser und überflüssig - weil Unruhepotential. Weder Hungerkatastrophen noch Massenelend sind naturgegeben. Sie sind vielmehr beabsichtigtes Ergebnis einer imperialistischen Weltpolitik, in der IWF und Weltbank eine Schlüsselfunklion einnehmen.

Massenplünderungen in Sao Paolo
FMLN stürmt Kasernen in El Salvador
Streik bei Adler in Süd Korea
Firma Adler durch Anschläge verwüstet
Anschlag auf Friedrich-Ebert-Stiftung
Versuchter Anschlag auf IWF-Büro
Attentat auf gentechnisches Institut

Überall auf der Welt gibt es massiven Widerstand gegen die von IWF und Weltbank finanzierten Entvölkerungsprogramme. Die sogenannten Brot- und IWF-riots reichen von Afrika, Asien und Lateinamerika bis zum Widerstand in den Metropolen. Von dem Kampf gegen Sterilisierungsprogramme, der weltweiten Organisierung der Frauen, Landbesetzungen, Plünderungen und Massenstreiks bis zu den Befreiungsbewegungen im Trikont, von Plünderungen, Streiks bis zum militanten Widerstand in den Metropolen artikulieren die Menschen ihre Bedürfnisse in den weltweiten Klassenkämpfen.

Das System der Verschuldung, Verwertung und Vernichtung hat keinen Fehler - es ist der Fehlert !!

Der Imperialismus hat Namen und Adressen ! Wir stellen uns vor, am 2. Aktionstag, Dienstag, dem 27.9.88, folgende Orte zu besuchen:

Morgens Flughafenblockade am Flughafen Tegel.

Der Flughafen Tegel ist der Stützpunkt 165 der alliierten Streitkräfte und untersteht, dem französischen Kommandanten. Er hat zivile und militärische Funktionen. Auf dem Flughafen unterhält die National Security Agency (NSA), der militärische Nachrichtendienst des Nationalen Sicherheitsrats der USA eine Radarstation. Im Frühjahr 86 empfing die NSA angeblich einen Funkspruch vom libyschen Volksbüro in Ostberlin an eine Gruppierung in Westberlin, diese Gruppe wäre verantwortlich für den Bombenanschlag auf die von Gis besuchte Diskothek La BeIle. Das war die zurechtgezimmerte Grundlage für die Bombardierung Libyens durch die US-Luftwaffe.

Der Flughafen ist Drehscheibe für Abschiebung, Sextourismus und Frauenhandel. Die "Bordellkultur" in Asien ist das sexistische und fortgeführte entwürdigende Erbe der militärischen Intervention von US-Soldaten während des Vietnamkrieges. Heute haben die Touristen im Prostitutionsgeschäft die Rolle der GIs übernommen. Darüberhinaus ist der Flughafen oft letzte Station für Flüchtlinge auf der Abschieberampe der Berliner Justiz.

In den 4 Tagen des Kongresses hat allein Pan Am 2.000 Flugplätze täglich für Kongreßteilnehmer reserviert. Außerdem hat die Berliner Abendschau allen Berlinern empfohlen, die in Concordes ankommenden Banker zu begrüßen. Wir schließen uns dem an.

Mittags: Kurzdemo und Kundgebung bei Schering

Schering ist einer der größten transnationalen Konzerne der chemisch-pharmazeutischen Industrie mit Beteiligung in mehr als 20 Ländern. 1985 gründete Schering mit dem Land Berlin das "Institut für genbiologische Forschung" an der FU. Auf die Ergebnisse der Forschung hat der Konzern das alleinige Verwertungsrecht.

Neben der Arzneimittelherstellung produziert Schering Kunstdünger, Industriechemikalien und Schädlingsbekämpfungsmittel. Produziert wird u. a. das krebserregende Pestizid Fundal, das in der BRD verboten ist und von hier in die Länder der 3 Kontinente exportiert wird. Jährlich sterben mehr als 40.000 Menschen an Pestizidvergiftung.

Aufbauend auf die von Schering im Nationalsozialismus begonnene Erforschung der Anti-Baby-Pille wurde die Dreimonatsspritze Noristerat entwickelt. Von 100 Frauen, denen Noristerat verabreicht wird, bleiben 75 für immer unfruchtbar. Nicht nur im Trikont, sondern auch in den Metropolen geht es um gezielte Auslese und Ausmerze: in der BRD wird die Dreimonatsspritze v. a. bei Ausländerinnen, Sozialhilfeempfängerinnen, behinderten und psychiaitrisierten Frauen angewandt. Das dreckige Geschäft von Schering hat Tradition, Namen und Adresse:
Schering AG, 1 Berlin 65, Müllerstr. 170.

Nachmittags: Kundgebung beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Frauenhofer Str. 33 - 36,1/10

Zitat: "Massenelend birgt weniger globalen Sprengstoft als die Risiken des Zahlungsverzugs großer Nehmerländer" (DIE-Tätigkeitsbericht)

Das DIE ist die wichtigste Agentur zur Ausbildung der BRD-Elite im Bereich der Entwicklungspolitik. Die Absolventen des DIE werden in internationalen und nationalen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen der sogenannten "Entwicklungshilfe" und in Behörden des Trikonts eingesetzt. Durch diese direkte Einflußnahme soll sichergestellt werden, daß ein weitestgehender Zugriff des Kapitals garantiert wird.

Die praktische Umsetzung erfolgt z.B. durch die Erforschung der sozialen Situation und der Widerstandsbereitschaft der Bevölkerung. Damit wird eine Strategie der präventiven Aufstandsbekämpfung angewandt, um so die Menschen möglichst optimal zu verwerten. Die Auflagen werden durch den sogenannten Politikdialog des IWF, der zum Teil direkt mit DIE-Vertretern durchgeführt wird, den entsprechenden Ländern aufgedrückt.

Lieblingskinder des DIE waren von jeher Mititärdiktaturen wie die Türkei. Die Türkei wird laut DIE als Testfall angesehen, weil dort das gesamte Spektrum entwicklungspolitischer Strategien ausprobiert werden kann. Kriegsrecht, Ausschaltung der Opposition und Folter schufen die Voraussetzung dafür.

Als Abschluß für den Tag haben wir uns gedacht, daß ein Eingriff in das kulturelle Abendprogramm von IWF- und Weltbanktagung sinnvoll ist. "Wenn alles getan ist", werden sich die Männer der hohen Finanz amüsieren wollen. Die Deutsche Oper, das Schloß Charlottenburg, die Philharmonie und die Edelpuffs werden Orte ihres Vergnügens sein. Vermiesen wir ihnen die Abende.

Arbeitsthema: "Großes Bankerklatschen an der Oper"

Alles ist möglich, alles ist nötig ! Farbeier, Pfeifkonzerte, Straßenblockaden und ungewöhnliche Maßnahmen. Für stürmische Nächte während der IWF- und Weltbanktagung!

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