Inhalt
Einleitung
Anmerkungen
Korrekturen
Antrag
Indizierung
AG Grauwacke
Verfahren
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Eine Zwischenmeldung der AG Grauwacke
Stand: 20.8.2007
Am 09.05.2007 führten Bundesanwaltschaft (GBA) und Bundeskriminalamt (BKA)
eine bundesweite Grossrazzia gegen 18 Personen wegen angeblicher Gründung
einer terroristischen Vereinigung namens "Militante Kampagne zum
Weltwirtschaftsgipfel - G8 - 2007 in Heiligendamm" durch. Wie bekannt, war
das politische Ergebnis dieser Aktion für die Verfolgungsbehörden ein
Desaster. Aber wie sieht es mit dem juristischen und kriminalistischen
Ergebnis aus? Und was sind die weiteren Folgen, auch auf politischer Ebene?
Den Kern des ganzen Ermittlungsverfahrens bildet das Buch "Autonome in
Bewegung" und dessen tatsächliche oder vermeintliche Autoren, die "AG
Grauwacke". Daher wollen wir uns hier gemeinsam zum Stand der Dinge äußern,
obwohl wir alles andere als eine Gruppe, geschweige denn Vereinigung sind
(dazu sind wir viel zu uneinig).
1. Was seit dem 09.05.2007 geschehen ist.
- Wie bekannt, gab es keine Verhaftungen bei der Razzia. Aber es wurden
ED-Behandlungen durchgeführt und bei mehreren Personen gegen deren Willen
DNA-Proben genommen. - In den Tagen nach dem 09. Mai wurden zahlreiche
arbeitswichtigen Gegenstände, v.a. Computer und Mobiltelefone, vom BKA
zurückgegeben. Der Rest lagert seit Monaten in Meckenheim beim BKA. - Am
12.05. entdeckte ein Beschuldigter an seinem Auto ein GPS-Peilgerät
unbekannter Herkunft. Gegen ihn hat mittlerweile das LKA5 Berlin
(Staatsschutz) ein Verfahren eingeleitet wegen "Unterschlagung eines
Ortungsmoduls". - Mitte Juni übermittelte GBA einen "Aktenauszug" des
Verfahrens. Dieser umfasste zwei DVDs mit insgesamt 33 Ordnern, insgesamt
ca.10.000 Seiten. Soweit bekannt, handelt es sich dabei nur um ca.15% der
gesamten Akten. Laut GBA sind es diese Akten, die dem BGH Ende April 2007
zur Verfügung standen, als BGH-Richter Hebenstreit die
Durchsuchungsbeschlüsse ausstellte - demnach dürften sie die wesentlichen
Teile des Ermittlungsverfahrens enthalten. Aber wir sind dennoch gespannt
auf die restlichen 80.000 Seiten (von denen ein erheblicher Teil vermutlich
Protokolle aus Telefon- und Internet-Überwachung (TKÜ) sind). - Einige
Betroffene haben mit der Auswertung der Akten begonnen, was sowohl aufgrund
des Umfangs als auch wegen der Form mit ziemlich viel Arbeit verbunden ist.
- Ende Juli gab es ein Treffen der unmittelbar Beschuldigten aus Berlin,
Land Brandenburg, Hamburg und Bremen, um sich über den Umgang mit den
Ermittlungsakten und die jeweiligen Einschätzungen zu verständigen.
Ergebnis war, dass die Einschätzungen nicht sehr weit auseinanderliegen und
der politische Umgang in den jeweiligen Städten (also v.a. Berlin und
Hamburg) relativ autonom entschieden wird. Das lag auch deshalb nahe, weil
es keine irgendwie geartete "Gruppenstruktur" zwischen den Städten gibt,
die Berliner und Hamburger sind sich überwiegend noch nie vorher begegnet.
Das weitere politische Vorgehen sehen wir nicht als Exklusivthema der
juristisch Beschuldigten, sondern als Thema für mindestens alle Betroffenen
von 129a-Repression.
2. Unsere Herangehensweise
In Berlin sind eigentlich alle übereinstimmend der Meinung, dass das
Verfahren nicht zu einem Prozess führen wird, sondern eingestellt werden
wird - wie so viele §129a-Verfahren. Das erlaubt eine gewisse Freiheit im
Umgang mit den Akten und in politischer Hinsicht, da nicht dauernd eine
mögliche juristische Prozess-Strategie mitberücksichtigt werden muss. Zwei
zentrale Fragen stehen nun im Raum: Was steht in den Akten? Was ist der
politische Hintergrund und die passende Antwort darauf?
Erstens: Was ist
der politische Hintergrund und die passende Antwort darauf? Diese Frage
kann, spätestens nach den weiteren Razzien und den Verhaftungen vom
31.07.07, nicht mehr beschränkt auf unser Ermittlungsverfahren behandelt
werden. Sie betrifft die gesamte Linke, nicht nur deren radikalen Teil, und
letztlich weit darüber hinaus die politische "Landschaft" in Deutschland.
Wir sehen "unser" Ermittlungsverfahren nur als einen Mosaikstein in einem
weit größeren, höchst unerfreulichen Gesamtkunstwerk der sogenannten
Sicherheitspolitik. Wir haben dazu darüber hinausgehend keine einheitliche
Meinung, daher wird es auch keine politischen Erklärungen von AG Grauwacke
geben. Sondern wir werden uns je nach eigenem Bedürfnis in die politische
Arbeit bzw. Debatte dazu einbringen in nächster Zeit: in der Soli-Bewegung,
oder auch in der Medienarbeit.
Zweitens: Was steht in den Akten? Hier gibt
es ein großes Informationsbedürfnis von vielen: Mit-Betroffenen, politisch
Interessierten, Medienleuten, Freunden und Freundinnen,
BürgerrechtlerInnen, PolitikerInnen... Es gibt bestimmte Inhalte der Akten,
die Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit verdient haben. Das betrifft z.B. die
Vorgehensweise der Verfolgungsbehörden, ihre "Textanalysen" und
Schlussfolgerungen, ihre Überwachungsmaßnahmen, ihre Rundumschläge gegen
allerlei linke Gruppen und Strömungen. Andere Teile der Akten sind aus
persönlichen oder anderen Gründen nicht geeignet zur öffentlichen
Diskussion. Immerhin geht es in den Akten nicht nur um die 18 Beschuldigten
- rund 1000 Namen tauchen in den Akten auf, manche nur einmal als
Randbemerkung, manche aber auch mit sensiblen Informationen, die wir nicht
ohne Zustimmung der Betroffenen anderen zeigen oder mitteilen könnten. Die
vielgestellte Frage "tauche auch ICH in den Akten auf?" können wir vorerst
so beantworten:
Wie an vielen anderen Stellen sind auch hier die Akten wie Kraut und Rüben:
Wer in den letzten 15 Jahren radikale linke Politik gemacht hat , und in den
Akten NICHT erwähnt wird, muss von den Schnüffelbehörden wohl irgendwie
übersehen worden sein.
Dies alles zu sortieren dauert seine Zeit, zumal die 10.000
Seiten Material nicht übersichtlich geordnet sind, was bei diesem Umfang
auch kaum möglich ist. Es wimmelt von Wiederholungen, es gibt einander
widersprechende "Vermerke" und Vermerke, die andere Vermerke korrigieren...
Auch wir selbst haben beim Lesen schon an einigen Stellen vorschnell
geurteilt, uns Sachen ungenau gemerkt, wichtige Details übersehen. Wir
müssen darum um etwas Geduld bitten, was eine ausführliche Auswertung
angeht. Die Zusammenfassung, die im Internet bei indymedia unter
Hintergründe zu den 129a-Verfahren
zu finden ist, gibt einen guten ersten
Überblick über das Ermittlungs(wahn-)system des BKA. Bis es soweit ist,
wird es einzelne Informationen geben. Betroffene werden persönliche
Informationen bekommen, Soligruppen und ausgewählte Medienleute werden
Details bekommen. Das geht nur über persönlichen Kontakt, der zu/von
Beschuldigten (bzw. über deren Anwälte) aufgenommen wird.
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