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aus: TAZ, 8.07.1982
Zwischen Ordnungsmacht und Integrationskraft
Kommissionsbericht der AL zum 11.Juni
Sechs eng bedruckte Seiten sind das Ergebnis einer von der AL ins Leben gerufenen "Kommission 11. Juni", die nun dazu beitragen soll, das von der AL für den 11. Juni anläßlich des ReaganBesuchs und seinen randalierenden Begleltumständen konstatierte "Fiasko" zu klären. Der Bericht umfaßt neben dem "Eingeständnis des völligen Versagens" der AL und ihrer Strukturen eine "Einschätzung" der "Autonomen und was dahintersteckt" auch vermeintliche "Antworten auf die sogenannte Gewaltfrage". Danach soll die AL bei künftigen Demonstrationen und Kundgebungen auf die "Notwendigkeit der Gewaltfreiheit hinweisen und alles tun, um eine Eskalation zur gewalttätigen Auseinandersetzung möglichst auszuschließen".
Der Bericht der 16-köpfigen, wohl ausgewogen besetzten Kommission kann nach den Worten des Mitglieds und Abgeordieten Schmidt allerdings "weder eine Paentlösung anbieten noch nur den kleinsten gemeinsamen Nenner der AL widerspiegeln."
Nicht nur, heißt es im Teil 1, der mit "Handlungsunfähigkeit" überschrieben ist, blieb die 11. JuniDemonstration im Vorfeld am Rande des öffentlichen Bewußtseins der Liste, sondern ein "völliges Unding und eine politische Absurdität" sei das alleinige Regieren auf Entscheidungen der Autonomen und das praktische Aufgeben selbständiger politischer Positionen". Prosaisch heißt es: "Die Flotte war aufgelaufen und nicht mehr zu stoppen. Aber unsere Flotte bestand nur aus einem kleinen Ruderboot".
Bürokratische Gründe dafür werden genannt. Ein Nichtfunktionieren der"basisdemokratischen Strukturen", eine falsche Zusammensetzung der Vorbereitungsgruppe als auch das Fehlen "politischer Sicherungen". Hier wird indirekt angeregt, den bisher "organisierenden und koordinierenden" GA (Geschäftsführender Ausschuß) "politisch aufzuwererten". Dabei dürfe die ALStruktur aber nicht überstürzt verändert werden.
Daß die Liste kein "friedenspolitischer Faktor" war, wird außerdem eingeräumt. Die Diskussion habe sich auf Unterschriften unter Aufrufe und Verhandlungen mit den Autonomen beschränkt. "Bei dieser Anti-Reagan-Aktion war die AL (gemeint ist die Demonstration am Vortage des Präsidentenbesuchs) kein relevanter friedenspolitischer Faktor". Sie habe an friedenspolitischer Überzeugungskraft verloren.
AL und Autonome
Außer daß die Autonomen recht "vielfältig" sind, mit dem Parlamentarismus wenig am Hut haben und den antiimperialistischen Kampf führen wollen, will man keine umfassende Analyse erstellen. Im Unterschied zu diesen, die "es als aussichtslos betrachten, mit Mitteln politischer Argumentation eine Mehrheit der Bevölkerung zu gewinnen", konzentriere sich die AL gerade darauf. Deshalb seien auch die Diskussionsstränge in den autonomen Bereich "weitgehend abgebrochen". DerRückzug derAL aus der Hausbesetzerbewegung habe "zur Ausweitung militanter Positionen geführt."
Auch wenn sich in dem Verhältnis, so hält die Kommission weiter fest, zu den Autonomen ein politischer Generationskonflikt ausdrücke, "nehmen wir die Autonomen politisch ernst, sind wir ihnen auch unsere eigene Meinung schuldig".
Meinungslos?
Dies beschränkt sich nun allerdings neben einem EngelsZitat von 1895, neben literarischen Betrachtungen über diejenigen, die "leichtfertig von Gewalt reden" auf allgemein gängige Thesen im Politjargon. Anwalt will die Liste von allen sein. Von den sogenannten "kleinen Leuten" bis hin zu denen, die ihrer "solidarisch
und kritisch bedürfen", von den Besitzern der kaputten Autos also bis hin zu denen, die sie kaputt machen, weil es dafür ja eine gesellschaftliche Erklärung gibt, die in der "Starrheit und Unmenschlichkeit des Systems" liegt. Zwar werden "wir legitime Aktionen wie Haus, Bau oder Betriebsbesetzungen sowie friedliche Demonstrationen, auch wenn sie verboten sind, unterstützen und selbst durchführen", doch lehne die Liste "politische Strategien ab, in denen gewalttätige Angriffe auf die Institutionen des Staates oder Repräsentanten des Systems unter den hiesigen gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen praktiziert und gerechtfertigt werden!"
Da der Bericht "nicht die abschließende Meinung der AL zu den Vorgängen" darstellt, werden "Positionen" für die Zeit nach der Sommerpause zur Diskussion gestellt, die von der "Mehrheitsgewinnung" über die Einbeziehung von Minderheiten in einen (nicht genannten) Konsens bis zum "Hinterfragen von Gewalttabus und staatlichen Gewaltmonopol" reichen. Außerdem wird die Frage angeboten: "Stehen wir in einer politischen Situation, in der der Faschismus droht?" Das Papier kann massenhaft in der ALZentrale im Mehringhof abberufen werden.
siehe auch: Häuserkampf
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1982
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