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aus: Unzertrennlich 7, Dez/Jan 1987

Konzeptdiskussion

im wissen um die notwendigkeit überregionaler diskussion und information liegt für uns das projekt der zeitung begründet. es ist eine form überregionaler/nationaler organisierung. die wir auch zum jetzigen zeitpunkt (noch immer) schwacher strukturen für richtig halten.

nach sechs nummern (bzw. den letzten drei nummern) haben wir uns mit erweiterter redaktion zu einer sogenannten konzeptdiskussion zusammengehockt. zum einen haben wir den aufbau einer zeitung wie der unzertrennlich immer als prozess begriffen, als entwicklung. die zwischendrin immer wieder überprüft werden muß.
zum anderen wollen wir uns nicht im selbstlauf des zeitungsmachens scheuklappen anlegen, die es uns nicht mehr gestatten, nach wirkung und nützlichkeit der zeitung zu fragen.

in diesem zusammenhang stellt sich uns die frage der, also einer enger bestimmten, inhaltlichen linie so nicht. viele unserer an hand bestimmter artikel geführten kontroversen blieben bisher relativ kurz und oberflächlich (ewiger zeitdruck), und doch ist klar absehbar, daß weder in den redaktionsgruppen selbst, und schon gar nicht zwischen den redaktionsgruppen eine derartig inhaltliche homogenität besteht, daß ein linienblatt gewollt bzw. vorstellbar wäre.

es ging nun mehr darum, wie wir von der zufälligkeit der artikelzusammenstellung wegkommen können. wie wir nach und nach erreichen können, daß sich die wichtigen diskussionen der autonomen linken in der zeitung wiederfinden, sie hier ihren ort haben, aber auch von der zeitung für diese diskussionen wichtige anstöße ausgehen können.

dabei stellen sich konkrete probleme, die wir erörtert haben, und denen wir mit einigen maßnahmen beizukommen hoffen. das heißt, daß es auch in zukunft wieder diese art von zwischenbilanz geben wird, in der geschaut wird, wieweit wir gekommen sind, was gelungen ist und welche Veränderungen vorgenommen werden müssen. die zeitung läuft eher nebenher, mit zumeist minimalstem kraftaufwand. ansonsten liegt der schwerpunkt unserer arbeit eindeutig im lokalen und regionalen gefüge, in der entwicklung von basisstrukturen. gemäß der treffenden parole: global denken - lokal handeln.

genau in dieser tatsache hat die kritik an der zeitung als "bessere flugblattsammlung" ihren realen kern. nämlich daß keine der wenigen redaktionsgruppen bereit ist, die zeitung zum hauptprojekt zu machen und hier ständige treffen und diskussionen reinzustecken.

wir haben ins auch genauere vorstellungen dazu gemacht, wie daran etwas zu ändern wäre:
bezogsgruppen/bezugspersonen
unnötig darauf hinzuweisen, daß es in den redaktionsgruppen selbst unmöglich ist, zu allen themenbereichen/länder- und regionalentwicklungen kontinuierlich zu arbeiten. um dennoch einem anspruch auf aktualität gerecht zu werden z.b. in bezug auf berichterstattung zu weltweiten klassenauseinandersetzungen, wollen wir verbindlichen kontakt zu gruppen aus den autonomen spektrum herstellen, die sowieso zu einem bestimmten land/thema arbeiten.

damit wollen wir aus dem dilemma raus, entweder gar nichts sagen zu können, uns selber mehr schlecht als recht dazu einzuarbeiten oder eben "irgendwen" schnell ansprechen zu müssen. diese kontakte wären also erstmal begrenzt, allerdings mit der Vorstellung, sie auch vertiefen zu können. das stellt den redaktionsgruppen die aufgabe, genauere Vorstellungen zu formulieren. von den angesprochenen gruppen/personen verlangt es die bereitschaft darauf einzugehen (funktionalisierungsgefahr ?). wir halten ein solches bezugsgruppensystem für eine wesentliche voraussetzung vertiefter inhalte (spezialisierungsgefahr ?).

außerdem liegt in der nach wie vor geringen anzahl von redaktionsgruppen sicherlich auch eine weitere ungelöste kernfrage. nicht, daß sich mit einem mehr an gruppen automatisch eine bessere qualität ergäbe, aber um in weitere autonome zusammenhänge hineinzureichen und authentische diskussionsprozesse von dort weiterverbreiten zu können, ist die zusammenarbeit mit weiteren städtegruppen unabdingbar.

wir versuchen schon, das anhand einer überregional entfalteten praxis in die tat umzusetzen. die vertriebsorganisation, die verteilung in regionen und städten scheint sich zwar zu festigen. das kann aber nur der erste schritt sein. es muß einfach mehr zurückfließen als die kohle für verkaufte zeitungen.

die umsetzung dieser vorschläge auf den genannten ebenen hätte hoffentlich gleich mehrere positive effekte:
zum einen würde mit intensiver diskutierten eigenen artikeln und mit an gemeinsamen vorgaben gebundenen bezugsgruppenartikeln klarer das gesamtbild der zeitung bestimmt. von der bisherigen praxis, vorliegende artikel auf "noch-hinnehmbar" oder "schon abzuweisen" hin zu diskutieren, kämen wir dann weg.

zum zweiten würde das bezugsgruppensystem, vor allem natürlich die ausweitung der redaktionsgruppen eine weitere verankerung der zeitung bedeuten, eben als ein medium innerhalb eines ja allseits geforderten autonomen organisierunqsprozesses.

wir wollen keine konkurrenz aufbauen, weder zur (aktions/praxis-bezogeneren) radikal, noch zur wildcat/autonomie (mit jeweils sehr viel homogeneren linien). als weiteres kontinuierlich erscheinendes blatt wollen wir vielmehr besagten organisierungsprozess unterstützen. hauptvertretungsansprüche wären völlig fehl am platz.

in diesem zusammenhang wollen wir hier eine leider immer noch weit verbreitete autonom-interne umgangsweise kritisieren: abgrenzungen und anfeindungen. die auseinandersetzungen in der letzten radikal geben teilweise einen schon eher schauerlichen eindruck wieder, wie diskussionen unter uns geführt werden. mensch/gruppe erklärt vollmundig, daß inhaltliche debatte angesagt ist, um zugleich im nächsten satz mit kaum noch zu übertreffender polemik und anmache die vorposition runterzumachen.

in kommentaren zur "u" spüren wir in der z.t. durchaus berechtigten kritik, an einzelnen darstellungen in artikeln bzw. an stoßrichtungen gesamter artikel eine regelrechte abgrenzungsmanie. alles andere zumindest, als darin einen beitrag eines/einer genossen/genossin zu sehen und sich damit ernsthaft auseinanderzusetzen, was auch heißt fehler und unzulänglichkeiten zuzugestehen.

wir müssen zugeben, daß wir selbst viel leichter in schubladendenken übergehen, je klarer wir eine zeitung (flugblatt/veranstaltung) eindeutig einer k-gruppe, antiimps oder arnachos zuordnen. sicher ist diese einteilung schon flach und damit falsch, aber anmachende kritik oder ablehnung aus diesen spektren würde uns weniger berühren. uns gehts mehr um die leute, die sich selbst klarer zum ziel gesetzt haben, eine (originär) autonome linie zu entwickeln, eine umfassendere, gleichermaßen sozialrevolutionäre und antiimperialistische politikvorstellung zu füllen.

hier haben wir den sehr viel schärferen anspruch auf solidarische auseinandersetzung. auf akzeptanz und diskussion unterschiedlicher vorstellungen und herangehensweisen. in diesem sinne sehen wir die "u" in erster linie als forum autonomer standpunkte und debatten, als möglichkeit die innere Organisierung autonomer politik voranzutreiben und erst davonausgehend nach außen zu wirken.

wir dokumentieren jetzt noch auszugsweise eine im rahmen der konzeptdiskussion erstellte Stellungnahme einer kontinuierlich mitarbeitender städtegruppe:

 

"....was jetzt die weitere arbeit mit der unzertrennlich anbetrifft herrscht bei uns nicht die stimmung vor, das projekt nun resigniert einzustellen.

was haben wir bisher nicht erreicht ?

nicht erreicht haben wir, unserem anspruch des linksradikalen, autonomen infoblattes gerecht zu werden. als das wird es auch nach 1 3/4 jahren nicht angesehen. das läßt sich an den immer noch mangelnden beiträgen, die an uns herangetragen werden, ablesen.

noch ist es uns selbst gelungen die kontroverse debatte zu entwickeln. wir haben es dabei nicht geschafft, die finger auf die wunden stellen unserer geschichte und gegenwart zu legen.

was stellt die unzertrennlich dar?

sie hat überregional einen hohen informationswert. besonders für die provinz. sie hat einen verbreitungsgrad erreicht, den sonst keines unserer vergleichbaren organe hat (?d.s.). an verschiedenen themenbereichen - wie der gewaltdebatte, der vergewaltigungsdiskussion und der weiblichen arbeit -, ist es uns gelungen, breitere materialien für die beginnende debatte in einigen städten zu veröffentlichen. gegenwärtig liegt aber die möglichkeit, die die unzertrennlich bieten kann, mehr in der zukunft als in der gegenwart.

was sollte sich in unserer zukünftigen arbeit verändern?

als manko hat sich unserer meinung nach herausgestellt, daß wir bisher artikel gesammelt und danach diskutiert haben, an welchen punkten sie unseren einzelnen ansprüchen oder fragestellungen nicht gerecht geworden sind. das führte dann meist zu einem abdruck mit bauchschmerzen minderer oder mittelschwerer art. mit dem immer noch nicht eingelösten hintergedanken, daß ein nachfolgeartikel die noch offenen fragen abdecken sollte. dies überlies es mehr der zufälliigkeit, ob die nummer für uns einigermaßen zufriedenstellend wurde oder nicht. redaktionell griffen wir bisher nur zu dem mittel der kommentierenden nachbemerkung oder einleitung.

besser wäre es, wenn wir die uns jetzt wichtig erscheinenden themenbereiche inhaltlich/konzeptionell so diskutieren würden, daß ein grobes gerüst entsteht, an dem sich die artikel orientieren. das macht längerfristige arbeiten möglich, gibt den örtlichen redaktionen klarere kriterien an die hand; macht aber auch die arbeit der örtlichen redaktionen verantwertungsvoller und mehr.

ein solches vorgehen würde es nicht mehr erlauben, daß örtliche redaktionssitzungen aus 5 minuten übergebe bestehen. für die ganze redaktion könnte sich das dilemma lösen, daß wir vor bergen von zeugs stehen, die uns nur halb gefallen, aber immer unter dem druck der fakten entscheidungen gefällt werden müssen. so macht die zeitungsherausgabe auf dauer keinen spaß und kann von niemand politisch verantwortet werden."

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