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Gegen IWF

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aus: Interim Nr.4, 20.05.88<

Brisante Mischung ?
Die Aktionseinheit der Unvereinbaren

Zum Papier über den gegenwärtigen Stand der Kampagne müssen ein paar kritische Fragen gestellt werden.

Ist es tatsächlich der "gemeinsame Gegner", der die "Gegensätze" zwischen Reformisten und Linksradikalen zum Hauptthema machen" und dadurch "von sich ablenken" will ? Bisher konnte dieser Eindruck kaum entstehen.

Das BKA und andere staats- und kapitaltragende Institutonen reden durchaus von einem Spektrum von BuKo bis RAF, von dem sie sich angegriffen fühlen oder den Angriff erwarten.

Natürlich versuchen Kapital und Staat, durch Kriminalisierung die Teile des Widerstandes abzuspalten, die nocn einiges zu verlieren haben. Für sie bieten sich agitatorische Fernziele wie die Schweinereien von Nestlè in der "Dritten Welt", für die man/frau sich ohne allzu grobe Rückwirkungen auf die eigene Existenz einsetzen kann.

Und da fangen die Schwierigkeiten an: gibt es in unserem Alltag, wo der antikapitalistische Widerstand (vom antipatriarchalen ganz zu schweigen!) erst seine tatsächliche Bedeutung entfaltet, überhaupt den "gemeinsamen Feind"? Dazu heißt es ganz richtig in dem Papier, daß das nicht nur ein "fremdes" internationales Kapital sondern ganz konkret die westdeutschen Multis sind.

Nun hat es das Kapital an sich - so organisiert es sich ja gerade - daß es als solches höchstens propagandistisch angegriffen werden kann. Konkrete Angriffe können sich immer nur auf konkrete Ziele richten, also auf die Materialisierung kapitalistischer Umwelt in unserem Alltag, auf die Instrumente zur Durchsetzung kapitalistischer Interessen in unseren tagtäglichen Lebenszusammenhängen. Und das sind hier uns eben nicht IWF- oder Weltbank sondern auf der einen Seite die "harten" Institutionen wie Knast, Arbeitsamt, Bullenapparat und auf der anderen Seite die "weichen" Institutionen wie IBA/STERN/Stattbau, Sozialprojekte aller Art, "Senatskohle", "Humanisierung des Arbeitsiebens", "Wiedereingliederungsprogramme" usw. usw.

Alle diese Institutionen der "weichen" Art haben die Funktion, Widerstand abzufedern und einzulullen, wo er für die Repression nicht faßbar ist, bzw. durch geschickte Integrationsstrategien zur Modernisierung der Gesellschaft umgelenkt werden kann.

Wir wissen alle, daß gerade die Reformer, und zwar sowohl die doppelzüngigen Alternativpolitiker als auch die wohlmeinenden Solidaritätsarbeiter, eine wesentliche, wenn nicht die tragende Rolle in diesen Institutionen spielen. (Natürlich ist auch ein Volker Härtig Gegner des IWF und gewiss auch kein Freund der Großbanken)

Den Feind, mit getrennten Konzepten und Zielvorstellungen, aber dennoch gemeinsam angreifen, kann deshalb nur heißen, ihn weit weg vom eigenen Alltag zu suchen. Das drückt sich dann folgerichtig auch in den diskutierten "Angriffszielen" aus. Sextourismus, Gentechnik-Forschung, Kaffee-Tabak-Kakao-Industrie, Entwicklungshilfe-Einrichtungen - das alles sind ohne Frage Stützen des Imperialismus, aber eben nicht ihre konkreten Ausdrucksformen in unserem Leben. Wo es wirklich konkret werden soll, da endet auch die lockerste Form der Aktionseinheit. Da müssen wir zwangsläufig zu Gegnern werden. Wir können die Alternativ-Bourgeosie nicht erst angreifen (Stattbau, maxwell) und dann mit ihnen gemeinsam Aktionen gegen die Kaffee-Preis-Politik machen. Dafür werden sie kaum Verständnis haben.

Wenn wir aber Angriffe in den "eigenen Reihen" unterlassen müssen, was kann dann noch das Ergebnis der IWF-Kampagne für unsere eigene politische Situation sein? Es würde sich darauf beschränken, symbolische Angriffe, Stellvertreter-Politik und das Konzept der Solidaritätsarbeit auf ein moderneres Niveau zu heben. Mit Ansätzen für einie revolutionäre Praxis bei uns hat das nichts mehr zu tun.
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