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Chronologie 1981  /   Chronologie 1990  /   Chronologie 1998
aus: Texte und Materialien zur Geschichte der RAF (ID-Archiv) / Taz / www.rafinfo.de

Kleine Chronologie zur Geschichte der RAF

1968 
Anfang Aprilexplodieren nachts in zwei Frankfurter Kaufhäuser Brandsätze, die einen hohen Sachschaden verursachen. Drei Tage später werden Thorwald Proll, Gudrun Ensslin, Andreas Baader und Horst Söhnlein festgenommen und im Oktober zu je drei Jahren Haft verurteilt.
Im Junierhalten die Frankfurter Kaufhausbrandstifter bis zur Entscheidung über die Revision Haftverschonung.
12.NovemberDer Bundesgerichtshof verwirft die Revision. Die Verurteilten sollen die Reststrafe von 22 Monaten absitzen.

1970
 
4.FebruarDas Gnadengesuch für die Brandstifter wird abgelehnt. Andreas Baader und Gudrun Ensslin kommen der Aufforderung, ihre Strafe anzutreten, nicht nach.
12.FebruarIn Heidelberg wird das Sozialistische Patientenkolletiv (SPK) gegründet.
4.AprilAndreas Baader wird bei einer Verkehrskontrolle in West-Berlin verhaftet.
14. MaiBaader wird während einer »Ausführung« aus einem Berliner Uni-Institut gewaltsam befreit, dabei wird ein Institutsangehöriger verletzt.
22. MaiIn der linksradikalen Zeitschrift agit 883 erscheint die erste öffentliche Erklärung der RAF unter dem Titel »Die Rote Armee aufbauen«.
24.JuniDie letzte noch existierende SDS-Gruppe in Heidelberg wird vom baden-württembergischen Innenminister verboten. Der SDS hatte sich am 21.3.1970 als bundesweite Organisation aufgelöst.
15.JuniDer Spiegel druckt ein Interview mit Ulrike Meinhof ab.
8.OktoberHorst Mahler, Irene Goergens, Ingrid Schubert, Brigitte Asdonk und Monika Berberich werden in West-Berlin wegen Verdachts der Mitgliedschaft in der RAF sowie der Baader-Befreiung festgenommen.
5.NovemberDer Deutsche Bundestag verabschiedet ein "Sofortprogramm zur Modernisierung und Intensivierung der Verbrechensbekämpfung", das v.a. eine materielle und personelle Stärkung des BKA sowie die Erweiterung seiner zentralen Befugnisse vorsieht.
20.DezemberIn Oberhausen wird Karl-Heinz Ruhland verhaftet und macht als erster Aussagen über die Gruppe.

1971
 
20.JanuarDer Innenminister der sozialliberalen Bundesregierung Genscher (FDP) übergibt den Fahndungsauftrag "gegen Baader und andere" an die Sicherungsgruppe Bonn. Diese ist dem Innenministerium direkt unterstellt. In einem Vorbericht des BKA-Beamten Alfred Klaus heißt es am 19.2. über die RAF: "Die Beweggründe für das strafbare Tun der Täter und die von ihnen verfolgten revolutionären Ziele haben ihren Ursprung in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung der letzten Jahre, die durch die antiautoritäre Studentenbewegung und andere Kräfte der außerparlamentarischen Opposition ausgelöst wurde."
10.FebruarDie Sicherungsgruppe Bonn und der Verfassungsschutz beschatten zwei Mitglieder der RAF, Manfred Grashof und Astrid Proll, und versuchen sie im Frankfurter Westend festzunehmen. Die zwei können flüchten, obwohl die Beamten schießen. Die Springerpresse erklärt die RAF zum "Staatsfeind Nr. 1". Seit Mai letzten Jahres hat die Polizei zwölf Beschuldigte in Untersuchungshaft genommen und acht Haftbefehle erlassen.
28.FebruarDie Bundesanwaltschaft (BAW) übernimmt das Ermittlungsverfahren gegen die RAF.
1.MärzIm Kriminalgericht Moabit, das zur Festung ausgebaut wurde, wird Horst Mahler mangels Beweisen freigesprochen, unter Hinzuziehung des § 129 (kriminelle Vereinigung) aber weiter in Haft behalten bis zu seinem zweiten Prozeß im Oktober 1972. Irene Goergens und Ingrid Schubert werden wegen der Baader-Befreiung zu hohen Haftstrafen verurteilt.
AprilEs erscheint »Das Konzept Stadt-guerilla«;
JuniDas RAF-Strategiepapier »Die Lücken der revolutionären Theorie schließen – Die Rote Armee aufbauen!« wird veröffentlicht. Es erscheint im September auch als Rotbuch 29 im Berliner Wagenbach-Verlag unter dem Titel »Kollektiv RAF – Über den bewaffneten Kampf in Westeuropa«. Das Buch wird sofort nach Erscheinen verboten und beschlagnahmt.
15.JuliBei der bisher größten Fahndungsaktion gegen die RAF wird Petra Schelm bei ihrer Festnahme erschossen, ihr Begleiter Werner Hoppe verhaftet und später wegen versuchten Mordes angeklagt. Ein Ermittlungsverfahren gegen den Schützen wird von der Hamburger Staatsanwaltschaft Ende Juli 1971 eingestellt. Der Beamte habe in Notwehr gehandelt.
1.SeptemberHorst Herold wird Chef des Bundeskriminalamtes (BKA). Herold trifft alle Vorbereitungen für eine neue Fahndungsmethode. Herold einige Jahre später: "Die EDV versetzt uns vielmehr in die Lage, das Vergleichen von Fakten, d.h. die Voraussetzung detektivischer Kombinationsarbeit, schneller und zuverlässiger durchzuführen. So ist es mit Hilfe der EDV erstmals möglich, einen Fingerabdruck, den die Polizei an einem Tatort etwa in Garmisch-Partenkirchen findet, in kürzester Zeit mit den Fingerabdrücken sämtlicher 2,8 Millionen Personen zu vergleichen, die wir im BKA verwahren." Das BKA kann seine Daten auch unmittelbar mit dem Ausländerzentralregister abgleichen. Wenige Wochen später, am 4.10.1971, bringt die Bundesregierung einen Antrag für ein Bundesmeldegesetz ein, das lückenlose Erfassung von Personendaten und deren Verfügbarkeit für alle staatlichen Behörden ermöglichen soll.
22.OktoberMargit Schiller wird in Hamburg festgenommen, dabei wird der Polizist Norbert Schmid erschossen. Der tötliche Schuß stammt aber nicht aus ihrer Waffe. Der vermutliche Schütze G. Müller wird später "Kronzeuge" der Bundesanwaltschaft, die Ermittlungen gegen ihn betreffend den Tod des Polizisten werden dafür niedergeschlagen.
NovemberAls erster Häftling der RAF Astrid Proll in den »Toten Trakt« verlegt – einen völlig abgeschiedenen Teil des Gefängnisses Köln-Ossendorf.
4.DezemberBei einer Fahndungsaktion in West-Berlin mit 3 000 Polizisten wird der Student Georg von Rauch durch einen Kopfschuß getötet. Im Laufe des Jahres werden in Kassel, München, Hannover, Kiel und Berlin politisch motivierte Banküberfälle registriert, bei denen eine knappe Million Mark erbeutet werden. In Berlin und München kommt es zu zahlreichen Anschlägen u.a. auf Justizgebäude, US-Ein-richtungen, Polizeireviere, Banken.

1972
 
28.JanuarDie Regierungschefs des Bundes (Brandt, SPD) und der Länder fassen den "Extremistenbeschluß": "... darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr bietet, - daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt ..." Der NRW-Ministerpräsident Kühn (SPD) erklärt: "Ulrike Meinhof als Lehrerin oder Andreas Baader bei der Polizei beschäftigt, das geht nicht."
2.MärzIn Augsburg erschießen Beamte einer Sonderkommission des bayerischen Kriminalamtes den Student Thomas Weisbecker, seine Begleiterin Carmen Roll wird verhaftet. Am gleichen Tag kommt es in Hamburg zu einem Schußwechsel. Wolfgang Grundmann und Manfred Grashof werden festgenommen, Grashof und der Hauptkommissar Hans Eckardt schwer verletzt. Eckardt stirbt drei Wochen später an den Folgen der Schußverletzung.
22.MärzDie sozialliberale Bundesregierung verabschiedet das "Schwerpunktprogramm »Innere Sicherheit«". Im Zentrum steht der Ausbau des Bundeskriminalamtes. Das Amt wird personell von 933 Stellen (1969) auf 2062 Stellen (1973) (1981: 3536 Beamte und Angestellte) ausgebaut. Finanziell sind das 1969: 22,4 Mio. DM, 1973: 122 Mio. DM (1981: 290 Mio. DM). Der Bundesgrenzschutz soll zu einem "zusätzlichen, jederzeit abrufbaren Sicherheitspotential" werden. Vorgesehen wird der personelle Ausbau von 20000 Stellen 1969 auf 22159 Stellen im Jahre 1973. Zur Verbesserung der Einsatzfähigkeit sollen u.a. Hubschrauberstaffeln aufgestellt werden. Schwerpunkt des Ausbaus des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist die bessere Ausstattung mit Observationsgruppen. Der Stellenplan wird von 1016 (1969) auf 1409 Stellen im Jahre 1973 aufgestockt.
22.MärzDie Schrift »Rote Armee Fraktion: Stadtguerilla und Klassenkampf« erscheint und wird auszugsweise im Spiegel veröffentlicht.
Mai»Mai-Offensive« der RAF
11.MaiSprengstoffanschlag des »Kommandos Petra Schelm« auf das Hauptquartier des 5. US-Corps in Frankfurt, dabei werden ein Soldat getötet und 13 Personen verletzt.
12.MaiSprengstoffanschläge des »Kommando Thomas Weisbecker« auf das Polizeipräsidium in Augsburg und das bayerische Landeskriminalamt in München.
15.MaiIn Karlsruhe exlodiert im Wagen des mit Ermittlungen gegen die RAF beschäftigten Bundesgerichtshof-Richters Buddenberg eine Bombe des »Kommandos Manfred Grashof«. Bei dem Anschlag wird die Frau des Bundesrichters verletzt. Das RAF-Kommando macht Buddenberg für einen Mordversuch an dem RAF-Gefangenen Grashof, für die Zwangsnarkotisierung gegen die RAF-Gefangene Carmen Roll und für die Isolationshaftbedingungen verantwortlich.
19.MaiIn Hamburg explodieren zwei Bomben im Springer-Hochhaus. Weitere Bomben können entschärft werden. Trotz rechtzeitiger Warnungen läßt Springer sein Haus nicht räumen, es werden 17 Arbeiter verletzt.
24.MaiIm europäischen Hauptquartier der US-Armee in Heidelberg kommt es zu Bombenexplosionen. Drei amerikanische Soldaten werden getötet, fünf weitere verletzt. Das »Kommando 15. Juli« übernimmt die Verantwortung.
31.MaiUnter Oberbefehl des Bundeskriminalamtes findet die "Aktion Wasserschlag" statt, an der die gesamte Polizei beteiligt ist. Mit allen verfügbaren Hubschraubern des öffentlichen Dienstes werden den ganzen Tag über Autobahn-Auf- und Abfahrten gesperrt und Personenkontrollen durchgeführt.
31.MaiAuf einem (verbotenen) Teach-In der Roten Hilfe in Frankfurt wird eine Tonbanderklärung Ulrike Meinhofs abgespielt.
1.JuniAndreas Baader, Holger Meins und Jan-Carl Raspe werden in Frankfurt nach einem Feuergefecht mit der Polizei verhaftet, Baader dabei schwer verletzt.
7.Juni Gudrun Ensslin wird in Hamburg verhaftet.
9.JuniFestnahme von Brigitte Mohnhaupt und Bernhard Braun in Berlin.
15.JuniUlrike Meinhof und Gerhard Müller werden in Hannover von einem Quartiergeber verraten und verhaftet. Müller stellt sich später als Kronzeuge der Anklage zur Verfügung.
17.JuniDer Bundesgerichtshof schließt Otto Schily als Verteidiger in der Strafsache gegen Gudrun Ensslin aus. Das Gericht behauptet, daß Schily Mitglied einer kriminellen Vereinigung sei und begründet das damit, daß bei der Verhaftung von Ulrike Meinhof eine Nachricht (Kassiber) von der inhaftierten Gudrun Ensslin gefunden worden sei, die nur über Schily aus dem Gefängnis gelangt sein könne.
25.JuniBei einer Hausdurchsuchung in Stuttgart erschießt die Polizei den britischen Handelsvertreter Ian McLeod durch die geschlossene Schlafzimmertür. Vormieter der Wohnung waren RAF-Mitglieder. Ein Verfahren gegen den Todesschützen der Polizei leht die Staatsanwaltschaft ab, der Beamte habe sich in Putativ-Notwehr ("Vermeintlicher Notwehr") befunden.
29.JuniKatharina Hammerschmidt stellt sich in Begleitung ihres Rechtsanwaltes Otto Schily der Polizei.
9.JuliKlaus Jünschke und Irmgard Möller werden in Offenbach festgenommen.
26.JuliWerner Hoppe wird in Hamburg wegen versuchten Mordes zu zehn Jahren Haft verurteilt.
5.SeptemberIn den frühen Morgenstunden greifen acht Mitglieder der Gruppe "Schwarzer September" (der Name bezieht sich auf das Massaker der jordanischen Armee an den Palästinensern in Jordanien im September 1970) die israelische Olympiamannschaft im Olymischen Dorf in München an und nehmen neun israelische Sportler als Geiseln, zwei israelische Sportler finden den Tod. Die Gruppe fordert die Freilassung von 200 namentlich genannten Arabern, die von Israel gefangen gehalten werden. Auf dem Flughafen von Fürstenfeldbruck gerät die versuchte Geiselbefreiung zum Desaster: Alle neun israelischen Geiseln, fünf Mitglieder der Gruppe "schwarzer September" und ein Polizist ums Leben.
13.SeptemberAuf Anregung von Bundesinnenminister Genscher beschließt die Innenministerkonferenz auf Bundes- und Länderebene die Aufstellung von Spezialeinheiten des BGS zur "Terrorismusbekämpfung". Mit Erlaß vom 26. September ordnet Genscher die Aufstellung des Sonderverbandes GSG9 mit sofortiger Wirkung an.
NovemberDas vierte Papier der RAF mit dem Titel »Die Aktion des Schwarzen September in München – Zur Strategie des antiimperialistischen Kampfes« erscheint. In dem Text wird die Aktion als beispielhaft für die »revolutionäre Strategie des antiimperialistischen Kampfes« gewürdigt.

1973
 
17.Januar40 politische Gefangene treten in den ersten gemeinsamen Hungerstreik und fordern die Aufhebung der Isolationshaft und insbesondere, daß Ulrike Meinhof aus dem »Toten Trakt« herauskommt. Nachdem Ulrike Meinhof am 9.2.73 aus dem Toten Trakt in eine Einzelzelle der Männerabteilung des Gefängnisses Köln-Ossendorf verlegt wird, brechen sie den Hungerstreik am 12.2. ab.
8.MaiHungerstreik von 80 politischen Gefangenen, um die Gleichstellung der politischen mit allen anderen Gefangenen und freie politische Information zu erreichen. Erstmals wird die Zwangsernährung praktiziert. Als Gerichte bei zwei Gefangenen die Aufhebung der Isolation anordnen, wird der Hungerstreik am 29.6.1973 beendet.
20.JuniAusbruch von Inge Viett (noch Bewegung 2. Juni) aus dem Frauengefängnis in Berlin-Moabit.
16.JuliErste Razzia der Zellen von Baader, Ensslin, Meins, Möller und Raspe durch das BKA.
22.NovemberAli Jansen wird in Berlin wegen zweifachen Mordversuchs zu 10 Jahren Haft verurteilt.

1974
 
JanuarMonika Berberich wird für verhandlungsunfähig erklärt. Sie war seit Oktober 1970 völlig isoliert. Der Prozeß gegen Katharina Hammerschmidt wird abgebrochen, nach 17 monatiger Haft wird sie wegen einer Krebserkrankung entlassen, die notwendige ärztliche Behandlung wurde von den verantwortlichen Ärzten der Strafanstalt, trotz Proteste der Anwälte, nicht durchgeführt. Zweieinhalb Jahre später stirbt Katharina Hammerschmidt im Alter von 30 Jahren in einem Berliner Krankenhaus.
4.FebruarIn Hamburg werden Helmut Pohl, Ilse Stachowiak, Christa Eckes und Rechtsanwalt Eberhard Becker verhaftet; in Frankfurt werden Margit Schiller, Kai-Werner Allnach und Wolfgang Beer festgenommen; in Amsterdam ein paar Tage später Axel Acherrath und Ekkehard Blenk. In Hamburg und Frankfurt werden dabei Waffen, Sprengstoff und Papiere sichergestellt.
4.FebruarAstrid Proll wird wegen Haftunfähigkeit aus dem Gefängnis entlassen und taucht unter.
21.MaiIn München wird der als »Sympathisant« verdächtige Taxifaher Günther Jendrian um 3 Uhr früh in seiner Wohnung von einem Fahndungskommando erschossen. Auch hier wird das Verfahren gegen den Polizeibeamten mit der Begründung der "Notwehr" eingestellt.

1975
 
20.JanuarIm Spiegel erscheint ein ausführliches Interview mit den Gefangenen aus der RAF Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe; in diesem Gespräch äußern sie sich zu ihrem politischen Selbstverständnis und den Haftbedingungen.
27.FebruarBeginn der Lorenz-Entführung. Der Westberliner CDU-Vorsitzende und Bürgermeisterkandidat Lorenz wird zwei Tage vor den Wahlen von der Bewegung 2. Juni entführt. Sie verlangt die Freilassung von sechs inhaftierten politischen Gefangenen: Rolf Pohle, Verena Becker, Rolf Heißler, Gabi Kröcher-Tiedemann, Horst Mahler, Ingrid Siepmann. Die Gefangenen außer Horst Mahler, der nicht ausgetauscht werden will, werden freigelassen, Lorenz wird freigelassen.
11.AprilDie Innenministerkonferenz in Bonn beschließt eine weitere Zentralisierung der Fahndungskompetenzen beim BKA. Zu dem bisherigen Sonderkommando "Sicherungsgruppe Bonn" und "Staatsschutz" erhält das BKA eine Abteilung "T" (Terrorismus), die bereits im Juni mit 180 Mann und einem Budget für 1976 von 7 Mio. DM einsatzbereit sein soll.
24.AprilDas »Kommando Holger Meins« besetzt die deutsche Botschaft in Stockholm, nimmt zwölf Geiseln und verlangt die Freilassung von 26 politischen Gefangenen. Obwohl das Kommando den Militärattaché Andreas von Mirbach und Botschaftsrat Heinz Hillegart erschießt, geht die Bundesregierung nicht auf die Forderungen ein. Beim Sturm auf die Botschaft kommt es zu einer Explosion, bei der das Kommando-Mitglied Ulrich Wessel getötet wird. Siegfried Hausner, wird durch Gewehrkolbenschläge der Polizeibeamten schwer verletzt; er erleidet mehrere Schädelbrüche. Obwohl schwedische Ärzte ihn für haftunfähig erklären, verfügt die Bundesregierung seinen Transport in die BRD. Dort wird er nicht in ein Krankenhaus, sondern in die Intensivstation des Stammheimer Gefängnisses verlegt; er stirbt am 4. Mai an den Folgen der Mißhandlungen. Festgenommen werden Karl-Heinz Dellwo, Hanna Krabbe,Bernhard Rössner und Lutz Taufer.
Bundeskanzler Schmidt gibt eine Regierungserklärung ab: im Kampf gegen die RAF sind polizeiliche Methoden unzureichend; verlangt ist die Bereitschaft, bis an die Grenzen des Rechtsstaates zu gehen; Identifikation mit dem Staatsschutz wird zur Bürgerpflicht erklärt.
9.MaiIn Köln erschießt Polizei auf einem Parkplatz Philipp Werner Sauber und verletzt Karl-Heinz Roth schwer. Über dem am Boden liegenden Werner Sauber schießt ein Polizist sein ganzes Magazin leer. Karl-Heinz Roth erhält einen Bauchschuß. Ein Polizist wird erschossen. Karl-Heinz Roth und Roland Otto werden nach mehrjähriger Untersuchungshaft von der Anklage des versuchten Mordes freigesprochen.
10.MaiRechtsanwalt Haag wird kurzzeitig festgenommen und seine Verteidigungsunterlagen beschlagnahmt. Am Tag darauf läßt er durch seine Kanzlei mitteilen, daß er in die Illegalität gegangen sei.
21.MaiIn Stuttgart beginnt das Stammheim-Verfahren gegen die RAF. Wenige Wochen vor Prozeßbeginn werden die drei Hauptverteidiger Croissant, Groenewold und Ströbele aus dem Verfahren ausgeschlossen mit der Begründung, sie würden den organisatorischen Zusammenhalt einer kriminellen Vereinigung (RAF) betreiben. Am 23. Juni werden Croissant und Ströbele verhaftet und zahlreiche Prozeßunterlagen beschlagnahmt.
29.JuniKatharina Hammerschmidt (RAF) stirbt in einem Krankenhaus in Westberlin an einem Tumor. Ihr war in U-Haft die rechtzeitige Behandlung verweigert worden.
13.SeptemberIm Hamburger Hauptbahnhof explodiert eine Bombe, für die in den Medien die RAF verantwortlich gemacht wird. Die Gefangenen der RAF sprechen von einer faschistischen Provokation. In der Folgezeit kommt es zu weiteren Anschlägen auf öffentliche Einrichtungen, von der sich die RAF distanziert.
13.September Dritter kollektiver Hungerstreik von 40 Gefangenen. Ergebnis sind stundenweiser Umschluß und gemeinsame Freistunde.
27.SeptemberIn einer Erklärung von Monika Berberich für die Gefangenen der RAF wird Horst Mahler aus der RAF ausgeschlossen. Mahler hatte sich kurz vorher der maoistischen KPD angeschlossen.
9.NovemberNach 54 Tagen Hungerstreik, zuletzt mit Zwangsernährung, stirbt Holger Meins in der Strafanstalt Wittlich.
19.NovemberRechtsanwalt von Plottnitz stellt im Namen der Angehörigen von Holger Meins gegen den Genaralbundesanwalt Buback, den Vorsitzenden im Stammheimer Prozeß, Prinzing, des Chef des BKA, Herold, den Wittlicher Anstaltsleiter und den Anstaltsarzt Strafanzeige wegen Mordes bzw. Totschlags.
26.NovemberDie Kanzleien der Rechtsanwälte Eschen, Spangenberg und Ströbele in West-Berlin werden durchsucht.
29.NovemberHorst Mahler wird in Berlin zu 14 Jahren, Ulrike Meinhof zu acht Jahren Haft verurteilt.

1976
 
JanuarRechtsanwalt Azzola, der Verteiger Ulrike Meinhofs, stellt in Stammheim den Antrag, die Angeklagten als Kriegsgefangene anzuerkennen und das Verfahren abzubrechen. Die RAF-Gefangenen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan Raspe verlesen im Prozeß eine ca. 200 Seiten lange "Erklärung zur Sache".
16.MärzIrmgard Möller und Gerhard Müller werden in Hamburg zu viereinhalb und zehn Jahren verurteilt. Müller, der wegen Polizistenmordes vor Gericht stand, erhält damit für seine Zusammenarbeit mit den Anklagebehörden erheblichen Strafnachlaß.
9.MaiUlrike Meinhof wird in ihrer Zelle in Stuttgart-Stammheim erhängt aufgefunden.
24.JuniDas "Anti-Terror-Gesetz" wird im Bundestag von SPD und FDP verabschiedet. Das Gesetzespaket schafft zahlreiche neue Bestimmungen, insbesondere den Straftatbestand der "Bildung einer terroristischen Vereinigung" und die Möglichkeit, den Schriftverkehr zwischen Verteidigern und politischen Gefangenen zu überwachen.
27.JuniEin palästinensisches Kommmando entführt ein Flugzeug der Air-France nach Entebbe. Das Kommando fordert die Freilassung von 53 politischen Gefangenen aus Israel, Frankreich, der Schweiz, Kenia und von Mitgliedern der RAF u.a. aus der BRD. Am 4. Juli überfällt eine israelische Elite-Einheit Entebbe, stürmt das Flugzeug und tötet alle sieben Personen des Kommandos.
7.JuliVier Frauen aus der RAF bzw. von der Bewegung 2. Juni (Monika Berberich, Juliane Plambeck, Gabriele Rollnik und Inge Viett) gelingt der Ausbruch aus der Haftanstalt Lehrter Straße in Berlin. Monika Berberich wird bereits am 21.7. wieder festgenommen.
18.AugustIn Bochum, Essen, Hamburg, Heidelberg, Köln, München, Tübingen und Westberlin werden auf Grundlage der neuen "Maulkorbgesetze" §88a und §130a Buchläden und Verlage wegen des Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung von Beamten der LKAs und des BKA durchsucht. Bücher werden beschlagnahmt und in Bochum ein Buchhändler verhaftet, der erst einige Tage später wieder freigelassen wird.
30.NovemberAn der Autobahn bei Butzbach werden Siegfried Haag und Roland Mayer festgenommen.

1977
 
29.MärzBeginn des vierten Hungerstreiks (bis 30.4.77). Die Gefangenen fordern u.a.: "Für die Gefangenen aus den antiimperialistischen Widerstandsgruppen, die in der Bundesrepublik kämpfen, eine Behandlung, die den Mindestgarantien der Genfer Konvention von 1949 entspricht"; "die Abschaffung der Isolation und der Gruppenisolation in den Gefängnissen der Bundesrepublik und die Auflösung der besonderen Isolationstrakte ... was für die politischen Gefangenen ... bedeuten würde, daß sie nach den Forderungen aller von den Gerichten in den Prozessen gegen die RAF bestellten Gutachter zu interaktionsfähigen Gruppen von mindestens 15 Gefangenen zusammengefaßt werden." Innerhalb weniger Tagen befinden sich zunächst 35, dann ca. 100 Gefangene im Hungerstreik. Mit der Forderung nach Zusammenlegung, die erstmals im Laufe des dritten Hungerstreiks 1975 aufgestellt und seit 1977 systematisch entwickelt und begründet wird, tragen die Gefangenen den Erfahrungen mit dem Tode Ulrike Meinhofs Rechnung; sie stützen sich auf die medizinischen Sachverständigen-Gutachten, die die gesundheitsschädigenden Auswirkungen der Isolationshaft bestätigt und die "Ermöglichung größerer sozialer Interaktion" dringend empfohlen haben.
7.AprilIn Karlsruhe werden auf den Dienstwagen von Generalbundesanwalt Buback von einem Motorrad aus Schüsse abgegeben, dabei werden Buback und seine zwei Begleiter getötet. Ein »Kommando Ulrike Meinhof« bekennt sich zu dem Anschlag.
28.AprilIn Stammheim werden Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe zu lebenslanger Haft verurteilt.
Die Rechtsanwälte hatten in dem Verfahren immer wieder darauf hingewiesen, daß das Verfahren ein "Instrument innerhalb eines großangelegten Feldzuges psychologischer Kriegsführung gegen die RAF" (Schily) sei. Kurz vor Beginn des Prozesses wurden drei Hauptverteidiger ausgeschlossen, so daß Andreas Baader zu Beginn des Verfahrens keinen Verteidiger hatte. Mehrfach mußten Bundesgesetze geändert werden, damit das Gericht das Verfahren überhaupt durchführen konnte. Der Prozeß wurde zum großen Teil ohne die Angeklagten geführt. Bereits am 26. August 1975 hatten die Vertrauensanwälte die Einstellung gefordert und auf die Vorverurteilung durch Politiker und Presse hingewiesen. Das Gericht führte 1976 zwei "Kronzeugen" in das Verfahren ein. Am 20.Januar wurde dem 85. Antrag auf Befangenheit gegen den Vorsitzenden Richter Prinzing stattgegeben. Prinzing wurde fallengelassen, weil der Schein des unabhängigen Gerichts kaputt war und seine Beibehaltung zahlreiche Gründe für eine Revision des Verfahrens bieten konnte.
Am 17. März 1977 wurde bekannt, daß die baden-württembergische Landesregierung Angeklagte und Verteidiger hat abhören lassen. Daraufhin verlassen die Vertrauensanwälte den Prozeß. Sogar die Zwangsverteidiger, die vom Gericht eingesetzt waren, plädierten in ihren Schlußworten für die Einstellung des Verfahrens.
3.MaiNach einem Schußwechsel mit der Polizei werden in Singen Günter Sonnenberg und Verena Becker festgenommen. Ein Polizist und Sonnenberg werden schwer, Verena Becker leicht verletzt.
2.JuniIn Kaiserslautern werden Manfred Grashof und Klaus Jünschke zu lebenslänglich und Wolfgang Grundmann zu vier Jahren verurteilt.
11.JuliRechtsanwalt Croissant, dessen Haftbefehl wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gegen Kaution und Auflagen ausgesetzt ist, verläßt die BRd und sucht in Frankreich um politisches Asyl nach.
20.JuliIn Düsseldorf werden Lutz Taufer, Bernd Rössner, Karl-Heinz Dellwo und Hanna Krabbe zu je zweimal lebenslänglich verurteilt.
30.JuliJürgen Ponto, Vorstandsvorsitzender der Dresdner Bank, wird bei einem Entführungsversuch in seinem Haus in Oberursel erschossen. »Susanne Albrecht aus einem Kommando der RAF« bekennt sich zu der Tat.
9.AugustAuf die Verschärfung der Isolation antworten die politischen Gefangenen mit dem 5. kollektiver Hungerstreik, der am 2. September abgebrochen wird. In der Abbrucherklärung schreiben die Gefangenen: "Im Laufe der Woche haben wir von einem Mitglied von Amnesty international erfahren, daß der Vermittlungsversuch, den das Internationale Exekutivkomitee unternommen hat, um humane, d.h. Haftbedingungen, die den Forderungen der Ärzte entsprechen, durchsetzen und den Hungerstreik zu beenden, abgebrochen wurde, weil »die Situation total verhärtet ist« und »in den Behörden von oben nach unten die Linie durchgesetzt wurde, nach den Anschlägen gegen den Bundesanwalt und Ponto an den Gefangenen ein Exempel zu statuieren«. Das entspricht den Ankündigungen Rebmanns. Die Gefangenen haben daraufhin - um das Mordkalkül nicht zu erleichtern - am 26. Tag ihren Streik unterbrochen. Sie haben sich dazu entschlossen, nachdem sie damit offen zu Geiseln des Staatsschutzes erklärt worden sind ..."
25.AugustIn Karlsruhe entdeckt man eine auf das Gebäude der Bundesanwaltschaft gerichtete Raketenabschußanlage, deren Zeitautomatik nicht funktioniert hat.
5.SeptemberDas RAF-»Kommando Siegfried Hausner« entführt in Köln Hanns-Martin Schleyer und erschießt dabei dessen drei Begleiter. Das Kommando fordert von der Bundesregierung im Austausch gegen Schleyer die Freilassung elf politischer Gefangener, den Flugtransport in ein Land ihrer Wahl sowie 100 000,– DM pro Person.
7.SeptemberVon der Bundesregierung wird die Kontaktsperre über 72 Gefangene verhängt, die erst einen Monat später durch Gesetz (Kontaktsperregesetz)legalisiert wird.
22.SeptemberIn Utrecht wird der der Beteiligung am Buback-Attentat verdächtige Knut Folkerts nach einer Schießerei, bei der ein niederländischer Polizist stirbt, gefaßt. Am 20. Dezember wird er wegen Mordes zu 20 Jahren verurteilt, später an die Bundesrepublik ausgeliefert.
13.OktoberEine Boing der Lufthansa wird von dem palästinensischen »Kommando Martyr Halimeh« entführt. An Bord befinden sich deutsche Mallorca-Urlauber. Der Kapitän der "Landshut" wird im weiteren Verlauf erschossen. Das Kommando fordert ebenfalls die Freilassung der Gefangenen aus der RAF.
16.OktoberEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Freilassung der vom RAF-Kommando benannten Gefangenen. Das BVerfG lehnt den Antrag des Schleyer-Sohnes auf Einstweilige Anordnung gegen die Bundesregierung und vier Bundesländer ab, die genannten Gefangenen freizulassen. Bürgerliche Kritiker des Urteils stellen fest, daß das BVerfG mit seiner Begründung die Staatsräson als Kriterium zur qualitativen Gewichtung des Wertes von Leben einführt.
17.OktoberEin Kommando der GSG 9 stürmt in Mogadischu/Somalia die Maschine und befreit die entführten bundesdeutschen Urlauber. Nur ein Mitglied des Kommandos überlebt den Angriff schwer verletzt.
18.OktoberUm sieben Uhr früh werden Andreas Baader und Gudrun Ensslin tot, Jan-Carl Raspe sterbend und Irmgard Möller schwer verletzt in ihren Zellen gefunden. Irmgard Möller bestreitet bis heute die offiziell verbreitete Selbstmordversion.
19.OktoberHanns Martin Schleyer wird in dem Kofferaum eines PKWs in Mühlhausen gefunden.
11.NovemberIn Amsterdam werden nach einer Schießerei mit der Polizei Christoph Wackernagel und Gert Schneider festgenommen und ein knappes Jahr später ausgeliefert.
12.NovemberIngrid Schubert, die 1974 zu 13 Jahren Haft verurteilt worden war, wird erhängt in ihrer Zelle in München-Stadelheim aufgefunden.
17.NovemberRechtsanwalt Croissant, der im August 1977 um politisches Asyl in Frankreich nachgesucht hat, wird an die BRD ausgeliefert und in Stammheim inhaftiert.
28.DezemberVerena Becker wird wegen RAF-Mitgliedschaft und dem Schußwechsel bei ihrer Festnahme zu lebenslanger Haft verurteilt.

1978
 
18.JanuarIn Hamburg beginnt der Prozeß gegen den Rechstanwalt Kurt Groenewold, dem Mitwirkung am »Infosystem« der Gefangenen und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird.
21.JanuarBei der Festnahme von Christine Kuby in Hamburg kommt es zu einer Schießerei, bei der sie und ein Polizeibeamter verletzt werden.
10.MärzSechster Hungerstreik der politischen Gefangenen, mit dem sie gegen die Einzel- und Kleingruppenisolation protestieren. Er wird am 20.04 beendet.
26.AprilGünter Sonnenberg wird in Stuttgart zu zweimal lebenslänglich verurteilt.
11.MaiIn Jugoslawien werden Sieglinde Hofmann, Rolf-Clemens Wagner, Brigitte Mohnhaupt und Peter-Jürgen Boock verhaftet. Für die Auslieferung an Bonn fordert Jugoslawien den Austausch von acht Exilkroaten, was die Bundesregierung ablehnt;
Am 17. November können die RAF-Mitglieder in ein Land ihrer Wahl fliegen.
12.MaiIn Paris wird Stefan Wisniewski verhaftet.
10.JuliDer Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Hamburg verurteilt Rechtsanwalt Groenewold zu zwei Jahren Gefängnis mit Bewährung. Rechtsanwalt Croissant wird nach einem fast einjährigen Verfahren am 16. Februar 1979 zu zweieinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung und vier Jahren Berufsverbot verurteilt. Die Rechtsanwälte Arndt Müller und Armin Newerla werden am 31. Januar 1980 wegen Unterstützung und Werbung für eine kriminelle Vereinigung vom OLG Stuttgart verurteilt. Müller: 4 Jahre/8 Monate und 5 Jahre Berufsverbot; Newerla: 3 Jahre/6 Monate und 5 Jahre Berufsverbot.
Der Rechtsanwalt Jörg Lang, der 1972 etwa fünf Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte und 1974 für einige Jahre untertauchte, wird nach längeren Auseinandersetzungen und ersten Ablehnungen 1986 vom Bundesgerichtshof wieder als Rechtsanwalt zugelassen.
Der Rechtsanwalt Siegfried Haag, damals der letzte noch verbliebene Vertrauensanwalt von Andreas Baader, war am 11.5.1975 nach einer vorläufigen Festnahme untergetaucht. Er wurde am 30.11.1976 festgenommen und später zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.
25.JuliDer niedersächsische Ministerpräsident Albrecht (CDU) läßt mit direkter Unterstützung der sozialliberalen Bundesregierung von einem gemischten Kommando des niedersächsischen Verfassungsschutzes und der GSG9 einen Sprengstoffanschlag auf die Außenmauer der Haftanstalt Celle durchführen. Die Operation soll wie ein "Befreiungsversuch" für den dort inhaftierten RAF-Gefangenen Sigurd Debus aussehen und auf diese Weise zwei "glaubwürdige V-Leute" ("Bombenleger") zwecks Infiltration der RAF produzieren. Das Bekanntwerden der Urheberschaft und Inszenierung des Sprengstoffanschlags Ende April 1986, hat für die Verantwortlichen keine Folgen.
6.SeptemberBei einer Personenkontrolle in einem Düsseldorfer Restaurant wird Willy-Peter Stoll von zwei Polizisten erschossen.
15.SeptemberDie 1974 geflüchtete Astrid Proll wird in einer Autowerkstatt in London verhaftet. Sie wird 1979 an die BRD ausgeliefert und am 22.2.1980 zu fünfeinhalb Jahren verurteilt.
24.SeptemberIn Dortmund kommt es bei der Festnahme von Angelika Speitel und Michael Knoll zu einer Schießerei, bei dem der Polizist Hans-Wilhelm Hansen erschossen und Michael Knoll so schwer verletzt wird, daß er zwei Wochen später stirbt.
14.DezemberVolker Speitel und Hans-Joachim Dellwo, die mit der Anklagebehörde zusammengearbeitet haben, erhalten in Stuttgart geringe Haftstrafen und sind kurze Zeit später frei.

1978
 
20.AprilIm siebten kollektiven Hungerstreik fordern über 70 politische Gefangene die Abschaffung der Isolationshaft, die Anwendung der Mindestgarantien der Genfer Konvention, die Zusammenlegung der Gefangenen in interaktionsfähige Gruppen sowie die Freilassung des haftunfähigen Günter Sonnenberg. Der Hungerstreik endet am 26.Juni.
2.MaiChristine Kuby erhält in Hamburg eine lebenslange Haftstrafe.
4.MaiElisabeth von Dyck wird beim Betreten einer Wohnung in Nürnberg erschossen. In der Wohnung befanden sich drei Polizisten, Elisabeth von Dyck war allein.
9.JuniRolf Heißler wird in Frankfurt beim Betreten einer Wohnung durch Kopfschuß schwer verletzt und festgenommen.
25.JuniGescheiterte Sprengstoffanschlag auf den NATO-General Haig; ein RAF-»Kommando Andreas Baader« sowie die palästinensische PFLP und eine französische Gruppe übernehmen die Verantwortung.
19.NovemberIn Zürich wird nach einem Banküberfall, bei dem eine unbeteiligte Frau ums Leben kommt, Rolf-Clemens Wagner festgenommen.

1980
 
22.JanuarIn Hamburg wird Peter-Jürgen Book festgenommen.
5.MaiIn Paris werden Sieglinde Hofmann und vier Frauen aus der »Bewegung 2. Juni« festgenommen.
25.JuliIn der Nähe von Bietigheim-Bissingen kommen bei einem Verkehrsunfall Juliane Plambeck und Wolfgang Beer ums Leben.
31.JuliKnut Folkerts wird in Stuttgart wegen dreifachen Mordes zu zweimal lebenslänglich verurteilt.
5.SeptemberChristof Wackernagel und Gert Schneider werden in Düsseldorf wegen Schießerei mit der Polizei und RAF-Mitgliedschaft zu 15 Jahren Haft verurteilt.

1981
 
2.FebruarWährend des achten kollektiven Hungerstreiks von über hundert politischen Gefangenen, schließen sich erstmals auch Gefangene aus dem antiimperialistischen Widerstand an. Die den Hungersteikenden von der Bundesregierung gemachte Zusage, kein Gefangener bleibe in Einzelisolation, wird später nicht eingehalten. Der Hungerstreik endet am 16.April.
16.April Sigurd Debus, der seit dem 11.2.1981 an einem Hungerstreik der politischen Gefangenen gegen Isolationshaft und für Zusammenlegung teilnimmt, stirbt. Sigurd Debus ist seit dem 19.3.1981 gegen seinen Willen und gegen seinen Widerstand im Zentralkrankenhaus des Untersuchungsgefängnisses Hamburg zwangsernährt worden. Sein Verteidiger schreibt: "Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die Zwangsernährung im ZKH des UG den Tod von S.D. bewirkt hat." Am 15.3.1981, d.h. wenige Tage, bevor die Zwangsernährung an Sigurd Debus vollzogen wird, haben sich westdeutsche Ärzte in einem Offenen Brief gegen Isolationshaft und Zwangsernährung gewandt und von den dafür Verantwortlichen die Erfüllung der Forderungen der hungerstreikenden Gefangenen und die Beendigung der Zwangsernährung gefordert.
31.AugustDas »Kommando Sigurd Debus« verübt einen Bombenanschlag auf das europäische Hauptquartier der US-Luftwaffe in Ramstein, bei dem zwanzig Personen verletzt werden.
15.SeptemberDas »Kommando Gudrun Ensslin« beschießt den Oberbefehlshaber der US-Armee in Europa, den amerikanischen General Kroesen, mit einer Panzerfaust. Der General und seine Frau werden leicht verletzt.
4.DezemberStefan Wisniewski erhält in Düsseldorf wegen Mittäterschaft an der Schleyer-Entführung eine lebenslange Haftstrafe. Am 9.3.1993 entscheidet das OLG Düsseldorf, daß er wegen nachträglich erwiesene Schuldschwere das Gefängnis erst nach 20 Jahren »vorzeitig« verlassen kann.

1982
 
1.MaiUnter dem Titel »Guerilla, Widerstand und antiimperialistische Front« erscheint von der RAF erstmals seit 10 Jahren ein umfassendes Positionspapier und eine Darstellung der ideologischen und strategischen Vorstellungen.
16.JuniSieglinde Hofmann erhält in Frankfurt wegen Beteiligung an der Planung der Ponto-Entführung 15 Jahre.
10.NovemberRolf Heißler wird in Düsseldorf wegen Polizistenmord und RAF-Mitgliedschaft zu zweimal lebenslänglich plus 15 Jahre verurteilt.
11.NovemberAn einem Erddepot in der Nähe von Frankfurt werden Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz verhaftet, fünf Tage später wird bei Hamburg Christian Klar festgenommen. Insgesamt werden acht Depots mit Waffen und Papieren entdeckt.

1984
 
7.Mai 7. Mai:
Peter-Jürgen Book erhält in Stuttgart u.a. wegen Beteiligung an der Ermordung von Schleyer und Ponto dreimal lebenslänglich und 15 Jahre. Eine Teilrevision reduziert das Urteil am 28.11.1986 auf einmal lebenslänglich.
22.JuniManuela Happe wird in Deizisau verhaftet.
2.JuliIn Frankfurt werden Ingrid Jakobsmeier, Christa Eckes, Stefan Frey und Helmut Pohl verhaftet.
4.DezemberBeginn des neunten Hungerstreik der politischen Gefangenen mit rund 40 Gefangenen. Forderungen sind die Aufhebung der Einzel- und Kleingruppenisolation und Zusammenlegung aller kämpfenden Genossen, ferner Besuchs- und Briefverkehr, Aufhebung der Zensur politischer Kommunikation.
18.DezemberEin Sprengstoffanschlag des »Kommandos Jan Raspe« auf die NATO-Schule in Oberammergau scheitert.

1985
 
15.JanuarGleichzeitig in Frankreich und in der BRD erscheint eine gemeinsame Erklärung der französischen Action directe und der RAF.
25.JanuarDas »Kommando Elisabeth von Dyck« der Action Directe erschießt den Waffenexportchef im französischen Außenministerium, General Réné Audran.
1.FebruarDer MTU-Vorstandsvorsitzende Ernst Zimmermann wird von dem RAF-»Kommando Patsy O’Hara« in seinem Haus erschossen.
2.FebruarDie RAF fordert in einem Brief die politischen Gefangenen auf, ihren Hungerstreik zu beenden, drei Tage später wird dieser eingestellt.
13.MärzAdelheid Schulz und Rolf-Clemens Wagner werden in Düsseldorf wegen Beteiligung an der Schleyer-Entführung und Mitgliedschaft in der RAF zu zweimaliger lebenslanger Haft verurteilt.
2.AprilChristian Klar und Brigitte Mohnhaupt werden in Stammheim wegen RAF-Aktionen 1977-81 zu je fünfmal lebenslänglich und 15 Jahre verurteilt. Es sind die höchste Strafe, die jemals gegen Mitglieder der RAF ausgesprochen wurden.
8.AugustDas RAF-»Kommando George Jackson« führt einen Autobombenanschlag auf den US-Luftstützpunkt am Frankfurter Flughafen durch, zwei Amerikaner (ein Soldat und eine zivile Angestellte) kommen dabei ums Leben, 23 weitere Personen werden verletzt. Um sich einen Zugang zu der Air-Baise mittels ein ID-Card zu verschaffen, tötet die RAF den zwanzigjährigen US-Soldaten Edward Pimental.

1986
 
9.JuliDas RAF-»Kommando Mara Cagol« sprengt durch eine ferngesteuerte Autobombe das Siemens-Vorstandsmitglied Karl Heinz Beckurts und dessen Fahrer Eckart Groppler in der Nähe von München in die Luft.
2.AugustVerhaftung von Eva Haule in Rüsselsheim, ihre Gesprächspartner aus dem antiimperialistischen Widerstand Christian Kluth und Luitgard Hornstein werden ebenfalls verhaftet. Ohne konkrete Tatbeweise werden die zwei später zu Haftstrafen zwischen sechs und zehn Jahren verurteilt.
10.OktoberIn Bonn wird der Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, Gerold von Braunmühl, vor seiner Villa vom »Kommando Ingrid Schubert« erschossen.
23.DezemberHelmut Pohl wird in Düsseldorf zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

1988
 
20.SeptemberKurz vor der IWF- und Weltbanktagung in Berlin beschießt das »Kommando Khaled Aker« den Dienstwagen des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium Hans Tietmeyer.

1989
 
1.FebruarEs findet der zehnte kollektive Hungerstreik der Gefangenen aus der RAF, dem Widerstand und anderen kämpfenden Gefangenen um Zusammenlegung und allgemein bessere Haftbedingungen statt. Vor allem geht es den Hungerstreikenden aber auch um eine freie Kommunikation untereinander und mit Gruppen und Einzelpersonen außerhalb der Gefängnisse. Hungerstreikende am 14.Mai.
25.JuliIn der Nähe von Bietigheim-Bissingen kommen bei einem Verkehrsunfall Juliane Plambeck und Wolfgang Beer ums Leben.
31.JuliKnut Folkerts wird in Stuttgart wegen dreifachen Mordes zu zweimal lebenslänglich verurteilt.
5.SeptemberChristof Wackernagel und Gert Schneider werden in Düsseldorf wegen Schießerei mit der Polizei und RAF-Mitgliedschaft zu 15 Jahren Haft verurteilt.
30.NovemberDas »Kommando Wolfgang Beer« tötet mittels einer Autobombe Alfred Herrhausen, den Chef der Deutschen Bank und Aufsichtsratsvorsitzenden von Daimler Benz, Continental und Texaco.

1990
 
2.MärzDer Presse geht ein angeblicher Brief der RAF zu einem Anschlag auf Landwirtschaftsminister Kiechle zu. Am nächsten Tag wird eine Erklärung veröffentlicht, in der ein Abbruch des Anschlages mit der Gefährdung Dritter begründet wird.
26.Aprildementiert die RAF beide Schreiben und behauptet als Urheber den Verfassungsschutz.
5.JuniÜberfall auf einen Einkaufsmarkt in Duisburg. Zu dieser Aktion bekennt sich die RAF in einem Schreiben, indem sie u.a. angebliche Verbindungen zwischen den besetzten Häusern in der Hamburger Hafenstraße und der RAF abstreitet.
Juniwerden ehemalige Mitglieder der RAF in der DDR verhaftet (Susanne Albrecht, Inge Viett, Werner Lotze, Ekkehard Seckendorff-Gudent, Christine Dümlein, Monika Helbing, Silke Maier-Witt, Henning Beer, Sigrid Sternebeck und Ralf-Baptist Friedrich). Sie befanden sich seit Anfang der achtziger Jahre in der DDR. Durch den Zusammenbruch der DDR wurde ihre Identität bekannt und sie daraufhin an die BRD ausgeliefert. Während Ekkehard Senckendorff-Gudent und Christine Dümlein aufgrund von Verjährungsfristen aus der Haft entlassen wurden, war Inge Viett die einzige, die sich nicht auf die »Kronzeugenregelung« eingelassen hat (sie wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt, wird aber vorzeitig entlassen).
Susanne Albrecht, Werner Lotze, Henning Beer und andere ehemalige »DDR-BürgerInnen« stellen sich in der Folgezeit für neu aufgerollte Prozesse gegen politische Gefangene zur Verfügung und erhalten dafür, angesichts des Strafvorwurf (u.a. Ermordung von Ponto, Schleyer-Entführung, Anschläge auf die US-Generäle Haig und Kroesen), relativ geringe Verurteilungen. Susanne Albrecht u.a. für die Beteiligung an der versuchten Entführung und Ermordung von Ponto zwölf Jahre, Werner Lotze zwölf Jahre, Henning Beer sechs Jahre.
27.JuliDer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Hans Neusel, entgeht einem RAF-Anschlag und wird nur leicht verletzt. Neusel ist u.a. für »Terrorismusangelegenheiten« zuständigt. Mit dem Kommandonamen »José Manuel Sevillano« nimmt die RAF bezug auf den parallel laufenden Hungerstreik spanischer politischer Gefangener, in dessen Verlauf Sevillano gestorben war.

1991
 
13.FebruarGewehrschüsse auf die US-Botschaft in Bonn durch ein Kommando der RAF.
1.AprilDetlev Karsten Rohwedder, Vorstandsvorsitzender der Treuhandanstalt, wird vom »Kommando Ulrich Wessel« in seinem Düsseldorfer Haus erschossen.

1992
 
AprilDie RAF formuliert eine grundsätzliche Revision ihrer Politik und verkündet die Beendigung ihrer Aktionen gegen einzelnen Repräsentanten von Staat und Wirtschaft.
29.Juniund August: Zwei Schreiben der RAF, die den vorläufigen Verzicht auf »tödliche Aktionen« bekräftigen.

1993
 
30.MärzDas »Kommando Katharina Hammerschmidt« sprengt den kurz vor der Einweihung befindlichen Hochsicherheitsknast Weiterstadt. Der Schaden beläuft sich auf rund 100 Millionen DM.
27.JuniBei der versuchten Festnahme werden in Bad Kleinen Wolfgang Grams erschossen und Birgit Hogefeld festgenommen. Auf die Spur der beiden waren die Verfolgungsbehörden durch den VS-Spitzel Klaus Steinmetz gekommen.

1994
 
  Erneute Verurteilung von Eva Haule zu lebenslänglich wegen des Anschlags die US-Airbase in Frankfurt. Christian Klar wird aufgrund der Konzeugen-Aussagen nochmals zu 15 Jahren Haft verurteilt.
27.Julibis 3. August: Begrenzter Hungerstreik von Manuela Happe, Eva Haule, Rolf Heißler, Sieglinde Hofmann, Christian Klar, Hanna Krabbe, Christine Kuby, Irmgard Möller, Brigitte Mohn-haupt, Helmut Pohl, Heidi Schulz, Rolf-Clemens Wagner und Birgit Hogefeld mit der Forderung der sofortigen Freilassung der seit 22 Jahren inhaftierten Irmgard Möller.
5.SeptemberHeidi Schulz wird aufgrund von Kronzeugenaussagen wegen des Anschlags auf General Kroesen erneut zu lebenslänglich verurteilt.

1995
 
26.SeptemberSieglinde Hofmann wird aufgrund der Aussagen der »DDR-Kronzeugen« in Stammheim u.a. wegen der Beteiligung und Ermordung Hanns-Martin Schleyers zu lebenslanger Haft verurteilt.

1996
 
NovemberBirgit Hogefeld wird in Frankfurt zu lebenslänglich verurteilt.

1998
 
20.AprilDie RAF gibt ihre Selbstauflösung bekannt.
19.MaiHelmut Pohl wird begnadigt.

1999
 
15.SeptemberHorst-Ludwig Meyer wird von der Polizei in Wien erschossen, Andrea Klump festgenommen.



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