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Mein erster Autonomer? Ist der noch in Bewegung?
In den Adventstagen 1980 habe ich meinen ersten Autonomen kennen
gelernt. Er war 18 Jahre alt, Punk aus Berufung, Hausbesetzer von
Beruf. Damals hat er geholfen, Kreuzberg aufzumischen. Sein Name
ist mir entfallen, leider. Aber es war eh nur ein Szene-Name. Auf
die frisch geweißte Wand am Kopfende seiner Matratze im
besetzten Haus am Heinrichplatz hatte er sein Credo mit schwarzem
Fettstift niedergeschrieben:
In Erwägung, dass da Häuser stehen
Während Ihr uns ohne Bleibe laßt,
Haben wir beschlossen, jetzt dort einzuziehen
Weil es uns in unseren Löchern nicht mehr paßt.
In Erwägung, dass Ihr uns dann eben
Mit Gewehren und Kanonen droht,
Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben
Mehr zu fürchten als den Tod.
Bertholt Brecht
Große Zeilen, große Ziele. Meinem Autonomen war es
Ernst. Seine Durchlauferhitzung war in rasantem Tempo erfolgt, vom
Scheidungskind zum Streetfighter in wenigen Monaten. Erst glaubte
er noch: "Es gibt nichts Gutes, es sei denn, man tut es". Dann
sprayte er, schon radikaler, an die Kreuzberger Häuserwande:
"Bullen, verpißt Euch!" und "Friede den Häusern, Krieg
den Kasernen".
Seine Wut galt nicht nur den bewaffneten Kräften des Senats,
sie richtete sich auch gegen die "Instandbesetzer": Lehrer,
Sozialarbeiter, Drogenberater, Stadtplaner, Theologen - kurz: alle
"Betroffenenbetreuer" -, deren Lebensziel die Privatisierung der
besetzten Häuser und die Festanstellung beim Staat waren.
Ob mein Autonomer noch in Bewegung ist? Als Autonomer? Oder ist er
auch Betroffenenberater, mit BAT2b und Eigentumswohnung? Schauen
wir mal ins Buch zum Thema. Da wird er schon auftauchen, so oder
so, nach 23 Jahren, hofft Hans Halter, SPIEGEL-Reporter i. R.
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