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Wo ist die Frauenbewegung?

Auf die "Geschichte der Linken" blicke ich eher als Unbeteiligte und "Spätgeborene" zurück, ich bin Jahrgang 1981, und habe somit noch nicht mal die Wende wirklich bewußt miterlebt. Erst seit ca. 1996 (mit Unterbrechung `97 - `98) bin ich in "der Bewegung" aktiv, und erlebe sie von innen.

Die Zeit davor sehe ich als Eine, die ein wenig neidisch ist, weil sie nicht dabei war, die aber auch aus den Erfahrungen lernen kann, und auch froh ist, daß sie jetzt weitermachen kann, wo schon etwas steht, wo schon etwas geschaff(en)t wurde.

Trotzdem fällt mir eine ganze Menge ein, was ich zu sagen habe. Und viele Fragen. Viele Unzufriedenheiten mit der Situation jetzt, im Rückblick auf die Situation `68 und unmittelbar danach. Mir fehlt eine wirklich breite Bewegung. Ich hab das Gefühl, die Menschen meiner Generation sehen die Probleme unserer Zeit zu wenig oder resignieren angesichts dieser. Konsumieren, und kämpfen nicht für ihre Rechte. Wenn ich zum Beispiel mir die Uni`s ansehe: Wo sind die Studie`s, die kämpfen, streiken, Sitzblockaden machen, Uni`s besetzen, Demo`s organisieren etc. gegen zum Beispiel Semestergebühren? Wo sind die, die ein Semester drangeben würden für diesen Kampf? Da sehe ich zu Wenige. Denke, das war `68 und danach "besser". Aber war es so?

Was mit angst macht (im Bezug auf meine eigene Zukunft als Kritische, Unbequeme) ist das heutige Leben Derjenigen, die einmal aktiv waren. Viele von denen, die einmal sagten: "Niemals so wie unsere Eltern. Wir werden nicht heiraten, arbeiten gehen und Steuern zahlen. Wir werden nicht müde werden. Wir bleiben aktiv, wir ziehen in eine Kommune...", sitzen heute zu Hause und werden alt, (fast) so wie es seit eh und je war: mit Mann oder Frau und Kindern, Beruf, großer Wohnung (alternativ-hübsch eingerichtet natürlich, wenigstens etwas, wir sind nicht so wie die Anderen), Versicherung (Kranken~, Renten~, Lebens~, Unfall~, Haftpflicht~, usw.) - es ist halt doch bequemer so. Und was ist aus den Kommunen geworden? Wenige sehe ich, die noch existieren, vieles zerbricht - nur, woran? Was habt Ihr/ haben wir geschafft, und ruhen wir uns vielleicht zu sehr auf den Erfolgen aus? Denken wir doch nicht die Gesellschaft habe sich schon verändert!

An diesem Punkt komme ich zu meinem Lieblingsthema: Der Frauenbewegung. Wo sind all die Frauengruppen, die Frauen(sub)kultur, die sich entwickelt hat? Habe das Gefühl, sie stirbt aus. Wenn ich auf Veranstaltungen für Frauen gehe, sehe fast nur Frauen, die älter als Dreißig, oder sogar schon jenseits der 40 sind. Damit will ich nichts sagen gegen die Frauen diesen Alters, ich habe einige Freundinnen unter ihnen. Ein Dank an diese Frauen, Schwestern, die so Einiges bewegt haben. Aber mir fehlen die Frauen zwischen 20 und 30. Wenn ich ganz stark überlege, fallen mir in dieser Altersspanne außer mir gerade mal 3 Frauen ein, die auch sehen, daß die Gleichberechtigung noch nicht geschafft ist. Und ich kenne viele junge Frauen! Wie gerne hätte ich eine Gruppe meines Alters, die all das miteinander macht und erlebt und erkämpft was Ihr Älteren Frauen getan habt: Nur Frauen unter sich diskutieren, philosophieren, nachdenken über unsere Vergangenheit, und Visionen für die Zukunft entwickeln, und für diese kämpfen. Aktionen machen. Uns unseren Platz nehmen. Uns selbst und andere Frauen aufklären, Lösungsstrategien für unsere Probleme finden. Uns selbst untersuchen und helfen lernen. - Wir wissen viel, aber nicht genug.

Wo ist der Elan dieser kämpferischen Zeit? Worauf ruhen wir uns aus? Woher kommt diese Ignoranz? Oder bin ich vielleicht selbst zu sensibel?

Auch fällt es mir immer wieder auf, daß viel weniger Frauen als Männer in politischen Gruppen aktiv sind. Woran liegt das? Haben wir resigniert? Sind die Gruppen zu "unweiblich", ist Politik - und (öffentliche) Gesellschaftsgestaltung - an sich unweiblich? Sind wir zu sehr damit beschäftigt, uns in unserem privaten Leben (Beziehung, Verwandte) durchzukämpfen, oder haben wir uns in den Gruppen unseren Platz noch gar nicht erkämpft? Haben wir resigniert ob der Tatsache, daß selbst "unsere" Männer uns nicht gleichberechtigt behandeln? Oder an uns selbst, weil wir doch auch unsere Mechanismen haben, mit denen wir so gut in dieses System passen?

Was war das bei Euch damals, das so viele Frauen hat auf die Straße gehen lassen, das es heute nicht mehr gibt (anscheinend)?

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