aus: Unzertrennlich Nr.9, Sommer 1988
Das Vorwort....
sieht sich ja ganz hübsch an, diese neue nummer,und ein gutteil der artikel beinhaltet sogar eine -immer wieder geforderte und zu selten eingehaltene - tiefergehende bearbeitung wichtiger themen der autonomen debatte, geht´s aufwärts?
der schein trügt - und zwar gründlichst! das projekt unzertrennlich steht - zum zweiten mal in ihrer kurzen geschichte - vor der möglichen auflösung. anstrengende konzeptdiskussionen und z.t. mühselige artikelbearbeitungen haben unsere widersprüche und grundprobleme nicht auflösen können. im gegenteil, sie wirk(t)en chronisch und haben sich eher verschärft.
die ansprüche auf "gute zeitung" gegen das ",nur-einlassen" auf die redaktionsarbeit als "hauptnebensache" (neben bzw. nach unseren lokalen/regionalen aktivitäten), die inhaltliche heterogenität gegen die "liberale" redaktionsgruppen-autonomie... wir hatten dazu in den letzten vorwörtern ja einiges geschrieben.
wie auch immer: zwei weitere gruppen sind deshalb ausgestiegen und die löcher kann der rest beim besten willen nicht stopfen. schon von jeher stützte sich die unzertrennlich auf maximal eine handvoll und damit zu wenige redaktionsgruppen. eine "durchschlagende" ausweitung ist niemals gelungen.die in autonomen kreisen anerkannte, zumindest selten bestrittene notwendigkeit eines überregionalen, regelmäßigen diskussionsforums fand bisher keine entsprechende strukturelle
umsetzung. mit den neuen ausstiegen bricht das dem projekt unzertrennlich höchstwahrscheinlich das genick.
"lieber ein ende mit schrecken als ein schrecken ohne ende", sagen die einen; "wir wollen auf alle fälle irgendwie weitermachen", sagen die anderen... warten wir ab!
wir haben uns jetzt erstmal auf folgendes vorgehen geeinigt:
- zwangspause bis ende dieses jahres
- im nov. oder dez. wird noch mindestens eine nummer herauskommen
- bis dahin müßte sich eine stabile struktur (mit mindestens fünf verbindlichen redaktionagruppen) entwickelt haben.
ansonsten wird das projekt (auf unbefristete zeit) eingestellt.. soweit,so schlecht. jetzt zur vorliegenden nummer:
in der nummer 5 von mai 87 stand ein unzertrennlich-Schwerpunkt unter der Überschrift "datenangriff, prävention". im schatten der volkszählungskampagne hatten wir damals versucht, die gesamte "reichweite des sozialpolitischen datenangriffs anzureißen". die artikel sollten - an diesem von uns als "strategisch" eingeschätzten thema - den beginn einer
gründlicheren bearbeitung markieren. wie so oft kamen wir auch hier über den (doch gelungenen) anfang nicht hinaus.
das thema lag wieder brach - bis jetzt.
eine gruppe aus dem ruhrgebiet hat uns einen längeren text zum "neuen schub in der gesundheits- und sozial verwaltung" zukommen lassen den wir vollständig abdrucken.
"zur bedeutung revolutionärer gewalt und politischer organisation" ist ein weiterer artikel, der uns - diesmal aus unbekannter quelle - erreicht hat. wesentliche fragen der millitanz und organisierungsdebatte werden in diesem beitrag angesprochen... und... konsequenzen gefordert....
ein früherer unzertrennlich artikel zu vergewaltigung in der scene (in bielefeld) hatte doch einige diskussionen ausgelöst.
- in den letzten ausgaben war dieser ansatz dann in eine "allgemeinere", prinzipiellere patriarchatsdiskussion übergegangen. diesmal haben wir wieder einen artikel abgedruckt,der zum ausgangspunkt zurückführt:der frage nach unserem weiblichem und männlichem umgehen mit vergewaltigung in der autonomen linken, dem konkreten verhalten dazu. ständig weitere "neue
fälle" erhalten den fragen ihre (traurigtypische) aktualität...
die startbahn folgeartikel gehen in dieser ausgabe in verschiedene richtungen: zum einen einige eindrücke vom auslieferungsprozeß gegen frank in amsterdam zum anderen haben wir zur kapitalstruktur in rhein-main einen längeren beitrag abgedruckt.darin wird
einerseits die bankenorientierte cityplanung in frankfurt dargestellt für nicht rhein-mainler. im einzelnen Detail eventuell etwas schwer nachvollziehbar, aber in der gesamtaussage jedoch klar verständlich, wie wir meinen.
andererseits greift der artikel den flughafen von seiner ökonomischen bedeutung her auf. wohl zu recht wird einleitend behauptet, daß die repressionswelle in der region auch vor dem hintergrund dieses strategischen stellenwertes des flughafens gesehen werden muß: weitestgehende
ruhe zu erzwingen für die dem anhaltenden luftfahrtboom entsprechenden ausbauplanungen am airport selbst und für die umstrukturierungen in der region...
schließlich hat auch die hier ausgebreite knastdiskussion ihren (letzten) kick über die startbahnereignisse bekommen. über die verstärkte konfrontation mit
verhaftungen und womöglich langfristigen haftstrafen. sicherlich bleibt es wichtig (und hier unerfüllt), "ganz nahe" an den startbahnereignissen die diskussion um unsere strukturen, verrat und milltanz... weiterzuführen. nicht zuletzt für die anstehenden prozesse sind unmittelbare einschätzungen, konkrete verhaltenskritik und aktionsvorschläge gefragt. diesbezüglich verweisen wir auf die neue nummer (3) des rhein-main-infos.
aber für nicht weniger notwendig halten wir die ausweitung der auseinandersetzungen in die genannten bereiche und gerade zum knastkampf ist die (wiedereröffnung) einer lebendigen debatte längst überfälllig. bei der hier dokumentierten spannbreite der positionen (von der zustimmung/ Weiterentwicklung der Zusammenlegung bis zu deren ablehnung als blockierung
sozialrevol utionärer knastkampfperspektiven) soll doch eins vorweg nochmals betont werden:
es geht uns (mit der debatte) um nichts geringeres (hört,hört) als die entwicklung revolutionärer gegenmacht. drinnen wie draußen. über "die wege zum erfolg" wollen und müssen wir streiten. unsere gemeinsame, jeweils sicherlich genauer zu bestimmende abgrenzungslinie läuft zu jedweder reformistischen befriedungsstrategie. draußen wie drinnen. insofern sind amnestievorstöße ala pohrt, vollmer oder - wie jüngst- jünschke für uns kein thema. letzterem sei zu sagen, daß es jedem/r gefangene/m offensteht, den kampf aufzugeben und zu kapitulieren.
aber aus dieser inditiduellen handlung sich erfahrungsträchtig gebende, politische befriedungsweisheiten zu zimmern, ist und bleibt politischer verrat. auf der grundlage dieses abachwörens kann und wird für uns keine diskussion ablaufen.
vielmehr sind diese vorstöße als reformistisches spielbein neben dem repressiven standbein zu begreifen. als teile ein und desselben einbindungs und zerstöungssystems.
davon ausgehend hoffen wir,daß die folgenden, sich streitenden beiträge (richtige) fragen und (wichtigen) zündstoff in sich tragen, um die (knast-)debatte (vor-)anzutreihen, und nicht als "irgendwelche artike1 in der (wiedermal vor-) letzten ausgabe dieser autonomen zeitung abgeheftet zu werden.
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