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aus: Subversives Radio aus West-Berlin (Broschüre), 1982-1985

Subversives Radio - Beispiele aus Berlin 1982 bis 1985


Radio Durchbruch   März 1982  (radikal)

Mit der Hoffnung, daß die Demo am 27.3 nicht das Stalingrad der Unbeugsamen gewesen ist und der Aussicht eines Angriffs auf die Ghettos nach Ostern, sehen wir die Möglichkeiten, dem Aufmarsch der Pigs etwas entgegenzusetzen.
Wir sprechen von der Funktion von Radio Durchbruch, einer Funktion, die leider auf der El Salvador Demo am 27.03. aus technischen und organisatorischen Gründen nur mangelhaft geklappt hat. Einer Funktion, die mensch mal mit dem Abhören des Demo-Bullen und Zivifunks auf den 2 und 4-Meter-Bändern und der Übermittelung der für eine Demo wichtigen Informationen mittels Äther, bezeichnen kann.......
Wir werden zum ersten mal eine halbe Stunde vor Demobeginn einen Peilton aussenden, damit ihr und die Lautsprecherwagen eure Mini-UKW-Radios (gibt es schon ab 20 DM zu klauen) auf die richtige Frequenz einstellen könnt. In der Regel werden wir versuchen auf 102 MHZ zu senden. Anschließend werden wir jeweils zu allen halben und vollen Stunden diesen Peilton wiederholen. Bei für uns und euch wichtigen Erkenntnissen kommen wir sofort und schieben Infos rüber.
Für uns wäre es wichtig eure Meinung, eure Kritik und eure Verbesserungvorschläge dazu mitzubekommen.
also schreibt an: Radio Ausbruch c/o Radikal


  Radio Einbruch   Mai 1982  (radikal)

Hallo, hallo.... hier spricht Radio Einbruch !
Während der letzten Rocknacht sind wir in euer Wohnzimmer, euere Sendung eingebrochen.
Gezielt haben wir uns im gesamten Stadtgebiet eingeblendet und der amtichen Information (sprich also Desinformation) unsere Informationen entgegengesetzt.
Wer glaubt noch den bezahlten Lügnern von SFB, RIAS oder AFN ?
Wir auf keinen Fall !
Was Wahrheit oder Trug und Lug ist, wird sich erst nach der heißersehnten Revolution herausstellen. Solange wollen wir nicht mehr warten. Bürger in eueren Schleiflackwohnzimrn mit HIFI-Stereo-Turm, passt bloß auf, daß wir euch nicht auf den Leim schicken und über die Rolle schieben.
Figther in den Häusern und sonstwo, Spaßguerilla muss sein. Bullen in euren Wannen, fragt erst nochmal nach bevor ihr über den Äther in die Wallachei geschickt werdet. Auch ihr seid vor uns nicht mehr sicher. Der "Anrufer" kann auch mal Radio Einbruch sein.
Im Gegensatz zu unseren anderen Kollegen der Wellenpiraterie brauchen wir keine Kontaktadresse....
Wir sind überall und nirgends.
Bis zum nächsten fröhlichen Einbruch


  Radio Donald Duck    Mai 1982  (radikal)

Während der bewußte Teil der Arbeiterklasse, von Alpträumen geplagt, sich darauf freute, am nächsten Tag, am Kampftag des teutschen Gewerkschaftsbundes vor dem Reichstag Arbeit für alle zu fordern, gingen wir über die Dächer, rauchten einen Joint und unterbrachen die Soulmusik des amerikanischen Propagandasenders AFN mit unserem Blues.
"Dies ist eine Unterbrechung Eures Programms. Nahezu 7.000 von euch sind hier, um unsere Freiheit zu verteidigen, gegen 5 russische Divisionen, die Westberlin umgeben. Ihr verteidigt die Freiheit rund um die Welt. Wie in Vietnam, Kambodsche, El Salvador und Guatemala.
Ihr verteidigt die Freiheit in den Ghettos und sagt, ihr steht für die Freiheit, gegen Anarchie und gegen Sozialismus. Wir sagen, ihr seid gegen die Freiheit. Ihr kämpft für das big business, Coca und Donald Duck. Ihr kämpft für die Unterdrückung.
Wir wollen diese Freiheit nicht, es ist nicht unsere und wir glauben auch nicht eure. Ja, vergeßt über euren beschissenen Job euch selbst nicht. Ground zero in Berlin.
Geht raus aus Berlin und allen anderen Nationen, es konnte eure letzte Chance sein."
Soweit der revolutionäre Angriff auf die reaktionären Wellen des AFN. Es gibt viele Möglichkeiten, die Amis anzugreifen, nicht nur über den Äther. Bereiten wir dem Schwein Reagan einen heißen Empfang.
Radio Donald Duck wünscht euch ein gutes Gelingen."


  Radio Solidarität   Oktober 1982  (radikal)

Am 12.Oktober sendete um 21 Uhr zum erstenmal "Radio Solidaität" von Ost nach West: unterlegt von fetzigem Punkrock und Avantgardemusik wurden eine Stellungnahme zu Polen, ein subjektiver Lebenslauf einer DDR-Emigrantin und Versuche, erstmal Gemeinsamkeiten herzustellen, hinübergeschickt....
P.S.: Vielleicht sind wir am 10.November nochmal zu hören, 21.00 Uhr, 93 MHz.

 



  Radio Wahnwitz   November 1982  (radikal)

Wer hat sich in den letzten beiden Jahren etwa nicht über den Terror auf unseren Straßen in unseremLande erregt? Tagtäglich wird unser hart erarbeitetes Eigentum von Chaoten, Terroristen und Randlierern empfindlich bedroht, ja sogar zerstört. Schon jetzt sind unsere Gefängnisse restlos überfüllt. Schon bald wird unsere Justiz Straftätern wieder freien Lauf geben müssen.
Unsere Gesellschaft befindet sich in höchster Gefahr, das Rechtsbewußtsein wird von "Nichtintegrierbaren" unterminiert. In diesen Stunden der höchsten Bedrängnis müsse wir alle zusammenstehen.
Auch wir wir Ärzte, Psychologen und Therapeuten werden jetzt in Verantwortung genommen. Parallel zur Ausweitung des § 18 ASOG durch die die wir unsere Justiz eine bessere Handhabe zur Sicherung der öffentlichen Ordnung gegeben haben. Hier nun das neue Psych.KG - zusammen mit der Justiz, Hand in Hand mit unseren Polizeikräften im Aufbau einer sauberen Gesellschaft ohne Randalierer, Terroristen und Nichtintegrierbaren
in ihrem Programm: am 12.12.82 um 20 Uhr, Welle Wahnwitz, UKW 101 bis 104 Mhz


  Wir laden ein,   Dezember 1982  (radikal)

Zum Tanz auf den Ätherwellen am 12.12. ab 20 Uhr. Unser Motto lautet legal illegal, scheißegal !
An diesemTag genau vor zwei Jahren, brachten wir den Herrschenden in dieser Stadt Weihrsauch und Myrrhe. Wir wollen, daß es so weiter geht und als Beitrag rufen wir PUW, Utipia, Kebab, Einbruch, Daisy Duck, Solidarität, Durchbruch, schwarze Ratten, Welle Wahnsinn, Ausbruch, Charlottenburg, SO36, und Donald Duck auf, ihre Möglichkeiten mit uns gemeinsam zu nutzen.
Für mehr Bewegung auf den Ätherwellen und Dächern !!!
Also: Sonntag, 12.12.82 ab 20 Uhr, UKW 101 bis 104 Mhz. Sprecht euch möglichst untereinander über Frequenzen, zeiten und Stadtteile ab. Gemeinsam sind wir unüberhörbar.

 



  Tanz auf den Wellen   Dezember 1982  (radikal)

Die Aktionsgemeinschaft für einen roten Schwarzfunk lädt noch einmal ein !!!

Unsere letzte Fete am 12.12.82 war ja schon ganz gut. Teilgenommen haben Radio Kebab, Desert und Welle Wahnwitz. Welle Wahnwitz konnte leider nur 4 Minuten bleiben und wiederholte deshalb Ihre Sendung, diesmal in voller Länge einige Tage später. Radio Kebab war aufgrund der Stimmverzerrung manchmal etwas schlecht zu verstehen, wartete aber mit einem guten Text und fetziger Musik auf. Radio Dessert merkte mensch langjährige ausländische Erfahrung an.
Wie so oft bei solchen Festen wird unsere Freude auch dadurch geschmälert, daß wir kaum bzw. keine Rückmeldung erhalten. Der so oft gelobhudelte Dialog mit der uns höhrenden Jugend unterbleibt auch deshalb, weil das Echo uns nicht erreicht. Schließlich wissen wir nanchmal nicht ob uns jemand beim "Tanzen" bemerkt hat. Deshalb möchten wir euch heute und für zukünftige Zeiten einen Vorschlag machen. Schickt eure Kommentare doch einfach an die taz. In sog. kollegialer Amtshilfe wird sie den jeweiligen Gruppen die Sachen schon übermitteln.
Alles in allem können wir von einer gelungen Feier sprechen. Dies, zumal weder Post noch Bullen in Amtshilfe jemals auch nur annähernd in Sendenähe waren. Teilweise scheinen uns die Schweine ziemlich hilflos zu sein. Doch sollten wir die Spezialisten nicht unterschätzen, auch sie lernen dazu.
Das Motto unserer Fete am 14.1.83 soll heißen: "Solidarität mit Welle Wahnwitz in Köln - Freiheit für alle Gefangen - Der Widerstand wird siegen !
Also Freitag 14.1 ab 20 Uhr auf UKW 102 Mhz


  Sendepause beim SFB   Oktober 1983  (Volksblatt, Berlin)

Drei Minuten Sendepause hatte das zweite Hörfunkprogramm des Sender Freies Berlin gestern in einem Teil Kreuzbergs rund um den Oranienplatz. Kurz vor 12 Uhr schaltete sich offenbar ein Störsender in das Zeitsignal ein und "übernahm" dann die Nachrichtensendung. Eine weibliche Stimme kündigte an: "Sie hören letzt eine Protesterklärung gegen die Aufstellung neuer NATO-Raketen."
Europa solle mit diesen Raketen zum "atomaren Schlachtfeld der beiden Supermächte" werden, warnte die weibliche Stimme auf der Frequenz von SFB 2 und kündigte an: "Aus Protest gegen die neuen Mittelstreckenraketen und gegen die Aufrüstung in Ost und West wird der SFB ietzt drei Minuten schweigen." Dann verklang die Sprecherin und lediglich Rauschen war aus dem Lautsprecher des Rundfunkgerätes zu hören.
Etwa gegen 12.06 Uhr war plötzlich wieder das normale Programm mit den Verkehrshinweisen zu hören und die Moderatorin begann mit der Sendung "Echo am Mittag" ohne auf den Vorlall einzugehen.
In der Nachrichtenredaktion des SFB war man denn über die Nachfrage des VOLKSBLATT einigermaßen verwirrt: "Die 12-Uhr-Nachrichten sind einwandfrei über den Sender gegangen", wurde erklärt und "der Sender hat nie geschwiegen", bestätigten die Techniker. Die Landespostdirektion erklärte auf Anfrage, daß es technisch möglich sei, den Empfang eines Senders mittels eines Störsenders zu unterdrücken und auf der gleichen Frequenz eigene Beiträge zu überspielen. Über die technische Seite allerdings wollte man sich nicht auslassen, um keine Gebrauchsanweisung" zu liefern.
Aus der SFB- Pressestelle verlautete, daß derartige Störsender erfahrungsgemäß in einem Umkreis von mehreren hundert Metern, sogar bis zu einem Kilometer, wirksam sein könnten.


  Sender in Kreuzberg störte ARD   Februar 1985  (Tagesspiegel, Berlin)

Ein illegaler Sender verbreitete am Sonnabend von ungefähr 20 Uhr 15 bis 20 Uhr 30 im Kreuzberger Stadtteil SO 36 Propaganda einer unbekannten linksgerichteten Gruppe. Wie ein Sprecher der Polizei auf Anfrage bestätigte, meldeten am Sonnabend abend mehrere Bewohner des Stadtteils, daß der Ton des Ersten Fernsehprogramms von einem auf gleicher Frequenz ausstrahlenden Rundfunksender gestört werde. Der Sender verbreitete Meldungen über die US-amerikanische Politik in Nikaragua und El Salvador und über die politische Opposition der Roten Armee Fraktion.
Der Polizeisprecher sagte, man habe sofort die Bundespost verständigt. Wegen der relativ kurzen Sendedauer sei es jedoch nicht möglich gewesen die Betreiber zu finden. Nach Angaben des Sprechers muß der Sender nicht allzu leistungsstark gewesen sein, um die am Sonnabend beobachtete Vebreitung zu erreichen.
Es sei nicht gelungen, wenigstens einen Teil der illegalen Sendung auf Band aufzumehmen. Dies sei im übrigen das erste Mal "seit langer Zeit", daß in Berlin ein illegaler Sender wieder von sich reden mache. Über den Taterkreis könne man nur Vermutungen anstellen. Möglicherweise stehe die Aktion jedoch im Zusammenhang mit dem Wiederaufflackern des Terrorismus.
Ein Sprecher der Post erläuterte auf Anfrage, er könne zu dem Vorfall nichts sagen, da die Funkkontroleure nicht erreichbar seien. Man habe bisher aber bei der Post angenommen, daß das Problem der Schwarzsender mit dem Abflauen der Hausbesetzerbewegung verschwunden sei. Im Frühjahr 1981 hatte der polizeiliche Staatsschutz einen illegalen Sender der Hausbesetzerbewegung, genannt "Schwarze Ratte", in einem ehemaligen Wasserturm auf dem Bahnhofsgelände am Schöneberger Ufer in Kreuzberg gefunden.


  Fernseh-Piraten  September 1984  (Anagan)

Kurz unterbrochen worden sei am Mittwoch die Abendschau, berichtetenTV-Glotzer. Statt des Wetterberichts sei ein Reporter erschienen, der die Ladung amerikanischer Fallschirmjäger in Nicaragua mitteilte. Nach dieser kurzen Unterbrechung sei die Sendung normal weitergegangen. Die Pressestelle hat von dem Ganzen nichts bemerkt.


  Störsender  November 1984  (Taz)

Wer am Samstagabend gegen 22 Uhr den Fernseher einschaltete, um sich die Flucht von Alcatraz anzusehen, einen Film über das hochgesicherte amerikanische Hochsicherheitsgefängnis - wurde jäh in die bundesdeutsche Realität zurückgeholt: Statt amerikanischer Filmmusik - Deutschland muß Sterben, damit wir leben können - statt cooler Clint Eastwood Dialoge wurde passend zu den Bildern aus dem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis eine Erklärung zum 10. Todestag von Holger Meins verlesen - gestorben 1974 in bundesdeutscher lsolationshaft. Der Ton war zumindest in einem Stadteil Berlins von bester Oualität.


  Good Vibrations vom Prenzlauer Berg  März 1985 

(Radio Metropolis vom 10. März)

Offensichtlich durch die wohlwollende Unterstützung der Ostberliner Behörden gelang am vorgestrigen Wahlabend eine gelungene, 1 1/2 stündige Unterhaltungs- und lnformationssendung des neugegründeten freien Radios "Metropolis". Bei erstaunlich gutem Empfang konnten die Bürger unserer Stadt endlich ein abwechslungsreiches, witzig moderiertes Programm genießen, das überdies selbst gehobenen Musikansprüchen gerecht wurde.
Als besonders gelungen muß man die Vielfalt der angebotenen Beiträge würdigen: Neben einer Live-Schaltung nach Paris ("Grüße von Genossen zu Genossen, von freiem Radio zu freiem Radio"), einem qualifizierten Interview mit dem Berliner Wahlleiter über das unbotmäßige Stören von Wahlen, einem Beitrag hungerstreikender Frauen zur Belegung des neuen Super-Knastes Plötze, waren immer wieder Stimmungsbilder zu hören.
Eines kann man bereits nach der Premiere sagen: Das Metropolis-Team wird seinen Weg noch machen !


  Das andere Wahlprogramm  März 1985  Taz

Viele jammern nur rum gegen den Verkabelungswahn der Post, gegen den aufkommenden Privatfunk mit seiner Kommerz- und Werbescheiße. Wir meinen, daß wir der Medienoffensive der Herrschenden nicht nur passiven Widerstand (Boykott) entgegensetzen dürfen, sondern aktiv in das Geschehen eingreifen müssen, uns die Medien erobern. Gerade ab 1987 werden im Frequenzbereich über 100 MHz neue Plätze für Sender frei. Wir wollen ein freies und unabhängiges Radio für alle, die hier nicht viel sagen dürfen, aber vieles zu sagen hätten.
Getreu dem Motto: Alles Gute kommt von unten ! Große Medientheorien haben wir nich drauf. Wir wollen einfach anfangen, ein Beispiel geben und versuchen darzustellen, was freies Radio sein kann an lebendiger Kommunikation, Diskussion und Spaß.

Den Wahltag nehmen wir als Anfang, ein Grund zum Feiern für AL-Wähler wie auch für Nicht-Wähler. Die Bewegung in dieser Stadt ist nicht tot, es läuft vieles, einiges soll zu Wort komen. Geplant ist eine fetzige Sendung mit Musik, Information, Gruppenbeiträgen, Satire, Interviews und was den Beteiligten noch so einfällt.

Laßt euch überraschen und schaltet an. Vor allem Kneipen fordern wir dazu auf. Wir rufen die Linke in dieser Stadt auf, die Möglichkeiten eines freien und autonomen Radios hier zu diskutieren und durchzusetzen, daß im Äther nicht nur Aldi und Springer zu hören sind.

Ein paar technische Hinweise: Stellt die Antenne senkrecht und fummelt halt ein bißchen damit herum, bis ihr den besten Empfang habt. Bei Benutzung von Tunern muß die Muting-Taste ausgeschaltet werden. Und Mono-Taste drücken.
Metropolis

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