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aus: Interim Nr.10, Juni 1988

Vorwort

Bei unserem letzten Treffen hat es eine Diskussion darüber gegeben, ob wir die INTERIM einstellen oder zumindest bis auf weiteres einstellen. Dafür gab es verschiedene Ursachen.

Einmal ist das einfach jede Woche ein Haufen Arbeit, der uns von vielem anderen ausschließt, das uns vielleicht wichtig wäre. Das wird besonders jetzt in der "Sommerpause zum Problem, wo sich doch der eine oder die andere von uns mal für ein, zwei Wochen in den Süden verdrücken will.

Zum Zweiten ist die Beteiligung an der Produktion der Zeitung von außen trotz allgemeinen Lese-Interesses äußerst mager geblieben. Wir haben im Vorwort zum ersten Heft geschrieben, daß wir keine neue Dienstleistungseinrichtung der linken Szene werden wollen. Dabei bleiben wir auch. Wenn ihr die Zeitung gut und wichtig findet, was uns von vielen bestätigt worden ist, dann solltet ihr sie auch als euer Medium benutzen, auch wenn das ein bißchen Arbeit bedeutet. Es ist ja nicht so, daß in den vergangenen Wochen innerhalb der autonomen Szene überhaupt nichts passiert ist. Um nur ein paar Punkte zu nennen:

- Einschätzung und Auswertung der 1.Mai-Demo
- Stellungnahme zum ausgefallenen Internationalismus-camp auf dem Mariannenplatz
- Protokolle oder linke Einschätzungen zum VoBo- und BuKo-Treffen
- Redebeiträge von der Antifa-Demo (z.B. der Männer-Redebeitrag zum Patriarchat)
- Diskussionen um die Aktionstage für den Herbst
- Konflikt um die Einrichtung eines gemeinsamen Aktionstage-Büros von Reformer-Gruppen und Autonomen im LAZ

Diese Themen sind entweder nicht in der INTERIM erschienen oder wir mußten selbst irgendwie versuchen, was dazu zu organisieren, was viel Arbeit macht und außerdem zu nervigen Konflikten führt. Und damit kommen wir zum dritten Punkt.

Es hat z.T. massive Kritik daran gegeben, daß wir Papiere aus internen oder halbinternen Diskussionszusammenhän gen ohne Absprache mit den VerfasserInnen veröffentlich haben. Daß wir in den Diskussionen, wo diese Kritik kam, unser Vorgehen nicht verteidigt haben (soweit überhaupt welche von uns dabei waren), ist sicher leicht nachvollziehbar. Wir wollen das an dieser Stelle nachholen.

A. Daß wir solche Texte überhaupt veröffentlicht haben: Wir haben unsere Aufgabe so begriffen, daß wir die autonomen Diskussionsprozesse verbreitern und vorantreiben helfen. Die werden aber nicht in den fertigen Kampfparolen deutlich, die am Ende solcher Prozesse rauskommen, sondern gerade aus den verschiedenen z.T. kontroversen Papieren aus diesen "halbinternen" Zusammenhängen.

B. Daß wir das teilweise ohne Rücksprache gemacht haben: Bei einigen Papieren kennen wir die VerfasserInnen gar nicht, gehen aber davon aus, wenn die Papiere über einschlägige Orte weitergereicht werden (Kopierladen, Aushänge) daß sie weiterverbreitet werden dürfen. Wo wir die VerfasserInnen kennen, bzw. vermuten, ergibt sich ein anderes Problem:

Jeder/m wird einleuchten, daß wir diese Zeitung klandestin machen müssen. Jemanden zu fragen, bedeutet also auch immer gleichzeitig, uns selbst oder wenigstens die Verbindung zu uns erkennen zu geben. Wir müssen das also abwägen. Bei Papieren, die wir als "problematisch" einschätzen, müssen wir deshalb von uns aus auf eine Veröffentlichung verzichten oder in kauf nehmen, daß wieder jemand mehr die Verbindung zur Redaktion kennt. Papiere, wo wir meinen, daß durch eine Veröffentlichung niemand gefährdet wird und auch keine gefährdenden Inhalte weitergetragen werden, haben wir aus Sicherheitsgründen noch mal abgetippt.

Man/frau kann uns sicherlich nicht vorwerfen, daß wir Personen oder Gruppen oder auch nur bestimmte Vorhaben durch unsere Veröffentlichungen in Gefahr gebracht haben. Wenn die Zeitung deshalb trotzdem so heftig angemacht wird, kann das nur heißen, daß die Inhalte der Diskussionen selbst nicht weitergetragen werden sondern intern bleiben sollen.

Das finden wir unverständlich und politisch falsch. Schließlich sind die Autonomen doch kein elitärer Geheimzirkel sondern haben ein politisches Anliegen, das einfach verbreitert werden muß, nicht nur im Hinblick auf den September.
Diese Kritik stellt außerdem die Funktion der Zeitung grundsätzlich infrage. Wenn alle Diskussionen im kleinen geschlossenen Kreis bleiben sollen, dann wird die Zeitung nicht gebraucht. Wir sind ratlos und frustriert über so eine Position.

Die allgemeine Aufhör-Stimmung hat sich dann in sofern etwas aufgehoben, als wir zum ersten Mal einen relativ gut gefüllten Briefkasten hatten, mit Beiträgen, die sicherlich lesenswert sind ( Angriff auf linke Kneipen, Beitrag von der Knast-Demo...) Vielleicht entwickelt sich ja doch allmählich die Beteiligung an der Zeitung?!

Jedenfalls herrschte dann die Ansicht vor: jetzt noch nicht aufgeben! Wir raffen uns, also auf, kämpfen die allgemeine Ferienstimmung nieder und machen weiter bis zum September. Dann wollen wir endgültig entscheiden, ob diese Zeitung gebraucht wird oder nicht.

Wir hoffen, daß es nicht mehr nötig ist, unabgesprochen Papiere zu bringen, deswegen, weil ihr selbst uns zur Veröffentlichung bestimmte Versionen zuschickt (bitte ge-layoutet) oder weil aus den Papieren unmißverständlich hervorgeht, was intern bleiben soll und was nicht.

Weil uns die Tipperei und Kleberei über den Nachrichtenteil hinaus einfach zu viel wird, kriegt ihr die Texte diesmal genau so vorgesetzt, wie sie bei uns angekommen sind. Nicht besonders einladend zum Lesen, oder?

Noch was: Helft, aus dem Terminkalender ein brauchbares Instrument zumachen, schickt uns RECHTZEITIG eure Termine !

INTERIM 1/61 GNEISENAUSTR. 2a
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