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aus: Zitty, 07.1982

Berliner Besetzerkinos

Mit den Besetzungen von Häusern begannen auch kulturelle Aktivitäten aus diesen besetzten Häuser heraus, um die Menschen im Kiez durch gezielte Hintergrundinformationen auf diese "Fehler im System" aufmerksam zu machen. Die ersten Initiativen setzten vor ca. eineinhalb Jahren ein. Aus diesen ersten, meist zaghaften und spora-dischen Versuchen (das "Know-how" der praktischen Erfahrung fehlte noch) entwickelte sich in den letzten neun Monaten eine (leidlich funktionierende) kontinuierliche Arbeit. So unterschiedlich sich die jeweilige Umgebung für die Kinomacher darstellt, so unterschiedlich sind auch ihre Intention und die Programmgestaltung.

dpa-logo D.P.A.- (Der Parfümierte Alptraum), das Kino im Kukuck, in der Anhalter Straße 7, verfügt über kein direktes "Kiezhinterland", folglich etablierte man ein mobiles Kino, das überall dort, wo es gebraucht wird, zum Einsatz kommen kann, das können Hinterhöfe, Straßenfeste aber auch in geschlossenen Räumen stattfindende Veranstaltungen sein. Die D.P.A.-Macher bemühen sich, ähnlich wie die Anderen, spontan auf Anlässe im Bezirk oder politische Aktivitäten und Notwendigkeiten der Szene zu reagieren. D.P.A. bemüht sich um neue Programmformen: Stummfilmveranstaltungen mit Livemusik, direkten Informationen oder die Koppelung von Lesungen, Diapräsentation und Film oder andere Verbindungen. Im gesamten Kulturangebot sicher nichts absolut neues, für die Umgebung des ehemaligen Anhalter Bahnhofs und den Stadtteil - mit Sicherheit nichts alltägliches.


frontkino-logo "Frontkino" (Waldemarstraße 42) und "Regenbogenkino" (Lausitzer Straße 23) in SO 36, wollen eher durch ein breit gestreutes Programm in ihrer Kiezumgebung auf sich aufmerksam machen. Auch hier fließen politische Gegebenheiten und Anlässe direkt auf die Programmgestaltung ein, so zeigte das "Regenbogenkino" anläßlich des Reaganbesuchs den amerikanischen Film "Wintersoldiers", der die Auswirkungen der amerikanischen Kriegsaktivitäten in Vietnam für die vietnamesische Bevölkerung schildert, ansonsten wird "Zielgruppenarbeit" betrieben, indem beispielsweise spezielle Filmprogramme für Türken zur Ausländerproblematik zusammengestellt werden, aber auch dem feierabendlichen Unterhaltungsbedürfnis der Anwohner will man mit entsprechenden Filmen Rechnung tragen.


anschlag logo Das Kino "Anschlag" (Steinmetzstraße 21) veranstaltet seit fast neun Monaten gezielte monatliche Programmreihen mit Themenschwerpunkten, z.B. Filmen zu Gewerkschaftsproblemen und innerbetrieblichen Konfliktstoffen, Science Fiction-Literaturverfilmungen und zur Anti-AKW-Problematik und zum Thema Umweltschutz. Hier ist die Kontinuität in der Programmgestaltung wohl am konsequentesten durchgesetzt.


eiszeit logo Das Kino "Eiszeit" (Blumenthalstraße 13) bietet dem Besucher von Termin zu Termin ein unterschiedliches Programm. Die ersten drei Monate seines Bestehens liefen Dokumentarfilme - hier auch Programmreihen, z.B. Filme, die zur APO-Zeit entstanden sind oder sich auf die endsechziger Phase bezogen.


Die meisten hier erwähnten Kinos haben mittlerweile schon ein zwar noch kleines aber sich stetig erweiterndes Publikum. Wichtig ist der nichtkommerzielle Charakter: Oft - zumindest am Anfang - mußten die Mitarbeiter teilweise außer ihrer Arbeitskraft, die grundsätzlich unentgeldlich eingesetzt wird, auch die Verleihmieten selbst aufbringen, z.B. wenn ein Film zur Vorführung vorhanden war und mit dem Verleih auch entsprechend abgerechnet werden mußte, die Vorführung jedoch wegen einer kurzfristig angesetzten Demo ausfallen mußte.
So ist auch der Eintrittspreis äußerst bescheiden, in der Regel werden 3-4 DM Selbstkosten erhoben. Bei besonders hoher Verleihmiete wird evtl. auch mal eine Mark aufgeschlagen, dies jedoch wird für jeden Besucher (sofern ihn dies interessiert) einsichtig gestaltet.

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