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aus: radikal Nr.110, 11/82
Die neuen Bunten
Nachdem es einigen Sanierungsträgern nun doch gelungen ist, ihre
Vorstellungen von "Schöner Wohnen" im Ghetto Kreuzberg zu verwirklichen,
eröffnet dieses unser Viertel zunehmend seine Reize auch für
die etwas besser oder nur bunter gekleideten Bevölkerungsschichten.
Was in Charlottenburg mit Abflauen der 68er-Bewegung das Gesicht eines
Stadtteils veränderte - schicke Kneipen, Boutiquen, Wohnidyllen kann sich in
Kreuzberg 1982 nicht bruchlos in die schwarz-rote Realität einfügen. Mit einer
zerklirrenden Fensterscheibe während der Eröffnungsfestivitäten eines
exquisiten Lampengeschäfts in der Oranienstraße, mit den Vorder- und
Hintergründen dieses Ereignissen befaßt sich dieser Artikel
wa, geil, heute abend ist Solidaritätsbesäufnis in der Luckauer, wilde Fete
im Hinterhaus zugunsten irgendeiner Libanonkiste, Medikamente oder so.
ob die Bullen wieder vorbeikommen? In letzter Zeit ham'se ja keine Fete
in'nem besetzten Haus ausgelassen, schon damit der Umwälzsenator seine
auf Recycling-Papier gedruckten Infos von wegen "Ermittlungsverfahren gegen
Sie.....Ruhestörender Lärm....Gröhlen... ect." los wird. Fahren wir also ganz
gemütlich mit dem Fahrrad die O-Straße rauf, mal bei der Fete vorbeischaun und
so, blinkts aufeinmal von rechts so grell herrüber: durch große Schaufenster strahlt
grelles Neonlicht, viele bunt gekleidete Leute, Großteil so um die Dreißig, stehen mit
Cocktailgläsern bewaffnet in einem Raum herum, die Boxen spucken 'Nju Waif' aus.
Ritz, Slalom, Wunderbar, 0-Bar, basement - und jetzt auch noch´ne Neonkneipe direkt
neben der O-44 ? Auf der Fete angekommen werde ich belehrt, dies sei keineswegs der Fall,
es handle sich bei dem Teil vielmehr um einen seit vielen Jahren in Kreuzberg ansässigen
'Lampenladen', der nur von der gegenüberliegenden Straßenseite her umgezogen sei
(Geschäftsvergrößerung), und der jetzt wohl statt auf Holz mehr auf Plastik macht.
Naja trotzdem, die Leute, die sich da rumtreiben, also irgendwie ...?! In der Luckauer läuft
gerade 'Ballroom Blitz' von den guten, alten, ätzenden Sweet, als das erste mal die Idee
auftaucht, dochmal bei der Schicki-Fete nebenan vorbeizuschaun. Warum auch nicht, umsonst
saufen ist allemal besser, als Zwoomaak Soli-Preis für'n Bier ohne Kohlesäure abzudrücken
und Cointreau mag ich nicht.
Ca. 15 Leute toben los, alle ein bißchen aufgedreht, latent ist
die Stimmung ein wenig aggressiv. Was wolln' sone Wichser auch hier im Kiez, ham die
dicke Kohle, wohnen in den modernisierten Wohnungen, nur die teuersten Klamotten an, und so
Lampen ey, wer kauft denn so Schwachsinnslampen?!
Die Ladenfete ist dann ziemlich schnell vorbei. Jemand von denen hatte sich erfrecht, auf einen
kleinen Scherz unsererseits (Aktion Pappbecher auf Pappköpfe) ungehalten zu reagieren. Jemand
wollte jemand rausschmeißen. Große Hauerrei. Tränengas. Stahlruten. Nase blutig, Schicki
Krankenhaus, Scheibe putt. Mit einer Ausnahme keine Verluste auf unserer Seite. Denen haben wir's
gezeigt, nur dafür, daß wir so blöd waren anschließend direkt wieder in die Luckauer zu rennen, dafür
gehören wir kräftig in den Arsch getreten.
15 Minuten später sind pigs in der Luckauer und wichsen alles zusammen, ca. 70 Festnahmen, kein
gesuchter Straftäter ermittelt (soo blöd sind wir dann doch wieder nicht).
Bevor ich ins Grundsätzliche gehe, möchte ich noch ein bißchen weiter erzählen, - weil, so ist ja die Welt, grausam und heiter. Also, in einer bullizeibekannten Kneipe erzählt mir einer von unseren jemands, wie toll die Aktion war, sein doch eh alles Counter-Schweine, die Typen, kämen aus Charlottenburg und würden mit ihrer Kohle den Kiez kaputt machen. Ich hab - wozu ist man schließlich Studi, woll - derweil kritisch reflektiert und frage mich, wie ich eigentlich dazu komme, jemanden, den ich nicht kenne, der mir nichts getan hat, der halt bloß so bunte Klamotten anhat, wieso ich also so jemanden einfach in seine Anlage werfe, ratazong. Na gut, ich war besoffen, und die ham schließlich angefangen, und überhaupt, diese Typen! Ääh!
Mein Überich spielt nicht mit. "Fascho", sagt es ruhig und bestimmt, "was ihr da gebracht habt, war schlechtweg fascho. Einfach irgendwelche Leute aufmischen, bloß weil euch ihr Äußeres nicht passt." Irgendwie hat mein Überich Recht. Is doch genau das, was die Schweine mit uns machen: Punks, Hippies, Kiffer, Ausländer - alles Dreck, alles vergasen, jeder muß so leben wie wir leben, jeder muß so aussehen, wie wir aussehen, jeder muß so sein, wie wir sind. Wenn nicht: Prügel, Knast, Anstalt, Kugel.
Andererseits natürlich: wo kommen denn die ganzen Bunten her, wat ham' die denn im Kopp außer Kohle und sich amüsieren, wo sind denn da - jetzt kommts - die politischen Ansprüche. Schicki kommt von Schickeria, also irgendwie die Kids von den oberen Zehntausend, die von der Kohle leben, die ihre Alten aus irgendwelchen schweinischen deals gezogen haben. Und die ham' hier wirklich nichts zusuchen.
Bild weiß es montags ganz genau: "Berliner Punks überfallen Galerie".Die taz weiß es noch genauer: "Punks (oder Skins?) mischen Lampenladen auf". Ich hab am Abend vorher die Leute vom Lampenladen kennengelernt. Da saßen sie mit CS-geröteten Augen im 'Club Fourty-Five' (Neonkneipe in einem besetzten Haus, nur die Bierpreise sind höher (höher!)), begriffen noch gar nicht, was vorher abgegangen war, und fetzten sich mit den genauso fertigen Leuten aus der Luckauer darüber, ob sie nu die Bullen geholt hätten oder nicht, und warum sie zur Gegenüberstellung mit auf die Friese gefahren sind. Schickis im Sinne von Schickeria (München und so) warens' eigentlich nicht, im Sinne von 'schick angezogen' allerdings wohl. Nur davon gibts' in Berlin und auch in der szene inzwischen jede Menge. Zunächst als Schöneberger Krankheit diagnostiziert, dann auch gehäuft im Kukuck anzutreffen, trifft mensch sie jetzt auch in den Zentren der befreiten Gebiete, und das ist eigentlich gar nicht so neu.
Die neue deutsche Buntheit. -
Ob Punk nun tot ist oder nicht, darüber mögen die Experten vom Kottbusser Tor streiten; jedenfalls brachte er eine Mißgeburt hervor, den sogenannten 'New Wave', dessen deutsche Fassung war einerseits die 'Fehlfarben' (kennste nicht? ES GEHT VORARAN.) schuf, andereseits aber die gar schröckliche 'Neue Deutsche Welle' mit sich brachte, die zur Sturmflut wurde und - so sind die Gezeiten - jetzt langsam zur Ebbe wird.
Nun steht die Musik ja nicht allein im Raum, sondern bedingt sich durch die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen (hört, hört): Eine jede Zeit hat ihre Musik, die ein gewisses Zeitgefühl zum
Ausdruck bringt. Und es ist nicht die Musik allein, sondern eine ganze Menge anderer kultureller
Erscheinungen knüpft sich daran an, wie z.B. Kleidung, Gruppenverhalten, Konsumgewohnheiten ect... Verknüpft sind damit in der Regel auch immer gewisse politische Verhaltensweisen und Einstellungen, ,love and peace' bei den Hippies, oder ,I wanna destroy' und ,Anarchie' bei den Punks in England.
Bleiben wir kurz bei den Hippies. San Fransisco war Mitte der 6Oiger Jahre Ausgangspunkt dieser weltweiten Bewegung, die die erste wirklich systemverneinende nach dem 2. Weltkrieg war. Rock'n Roll und Elvis waren zwar auch irgendwie ,anti', ließen sich aber letztlich problemlos in das System integrieren (Elvis als soldier in der BRD). Das war bei den Hippies zunächst anders: dope und acid, westcoast und Vietnam liefen auf einer Schiene. Wer seine Haare wachsen ließ und Pott rauchte, der war als antikommunistischer Freiheitskämpfer nicht mehr zu gebrauchen. Als die Bewegung sich jedoch auf's kiffen, Landkommunen und alternative Nischenwirtschaft reduzieren ließ, war es mit ihrer Gefährlichkeit vorbei.
Für die Kids war derweil no future angesagt: England stand Mitte der 70er Jahre in einer Situation, in der es der Jugend außer Arbeitslosigkeit und Alk nichts zu bieten hatte. Da steht es immer noch, und die BRD ist dabei, in die gleiche Situation zu geraten. Die Folge: riots auf der einen, National Front auf der anderen Seite. Immerhin die Einsicht: ,Black and white, to gether we are dynamite'.
Natürlich nichts gegen die Revolte, aber haben wir nicht aus unserer eigenen Geschichte gelernt, daß es langfristig nicht weiter führt, auf no future zu machen und alles kaputt zu schlagen, ohne
andererseits nicht ein stückweit klar zu kriegen, wofür mensch eigentlich kämpft, wo's denn eigentlich hingehen soll?
Zurück nach Germoney. Auch hier sind die Bewegungen angloamerikanischen Ursprungs irgendwann
mal mit zeitlicher Verzögerung angelangt. Sie stießen dabei natürlich zum Teil auf ganz andere
Bedingungen und auch die Art ihrer Übermittlung - welch nämlich zu einem Gutteil über die
Massenmedien kam - führte dazu, daß sie viel von ihrer Explosivität einbüßten.
Dafür entwickelten sich bei uns eine Reihe ganz unterschiedlicher Bewegungen und Subkulturen, die nun wiederum auf andere Gebiete in der 'westlichen Welt' zurückzuwirken begannen.
Konnte die sog. Studentenbewegung noch bequem als Ausläufer oder Teilfaktor einer weltweiten, von den USA ausgehenden Jugendrevolte eingestuft werden, so läßt sich doch von den Mitte der 70er Jahre entstandenen außerparlamentarischen und revolutionären Bewegungen Mitteleuropas
sagen, daß sie homemade sind. Sie ergeben sich nicht mehr aus einer moralischen Aufgeregtheit
über das Böse in der Welt, sondern sind Ausdruck einer direkten Betroffenheit durch die
konkreten Bedingungen, unter denen die Menschen HIER zu leben haben.
Solidarität mit der 3.Welt und Klarheit über die globalen Zusammenhänge von Herrschaft
und Unterdrückung ergeben sich erst als zweiter Schritt.
Anti-AKW-Kampf und der Unruheausbruch der frühen 80er mit den Eckpfeilern Berlin,
Zürich und Amsterdam belegen das. (hola, hola; d.S.)
Was jedoch auch auffällt: Eine einheitliche, auf einem gewissen Grundkonsens beruhende
Kultur haben diese Bewegungen nicht hervorgebracht. Dies laßt sich natürlich auch für die
amerikanische Hippiebewegung oder den englischen Punk bestreiten (das war auch
sicher nicht deren Absicht.d.S.), aber zumindest gelten doch Hippies und Punks als
Synonyme anch für gewisse politische Inhalte, sie stehen als Symbole für das, was sie
hervorgebracht hat, sie werden mit den Revolten gleichgesetzt, die parallel zu ihrem Auftauchen
verliefen und die entscheidend von ihnen geprägt wurden. Wo aber finden sich solche
kulturellen, schon mit einem Schlagwort belegten Leitfiguren im Häuserkampf, in Brokdorf,
bei anti-militaristischen Straßenschlachten? Was für eine Art Kultur hat er sich zugelegt, der
,typische' Autonome, wie sieht sie aus ?
Man könnte sagen: Lederjacke, PLO-Tuch, Kampfstiefel, schwarzer Helm. Gut, dies wäre
ein Beispiel für eine ideale Demo-Ausrüstung, aber im Alltag laufen doch viele Leute, auch noch
so militante, ganz anders rum. Es läßt sich einfach nicht sagen: so oder so sieht der
duchschnittliche Häuserkämpfer aus, oder anders, diese oder andere Sachen wirst du bei den
meisten Bewegten ganz bestimmt finden.
Es läßt sich weder in Bezug auf Äußerlichkeiten sagen, noch in Bezug darauf, was die Leute im Kopf haben.
Diese 'Vielfalt' der Bewegung ist häufig bejubelt, manchmal auch hart kritisiert worden. Der
Staatsschutz wollte sich damit gar nicht anfreunden, und einige Politiker rennen immer noch
rum auf der Suche nach den Hintermännern (!) und Rädelsführern. Auch einige Genossen
(ach, lassen wir doch dies schöne Wort wieder in Mode kommen!) hatten und haben ihre
Schwierigkeiten.
Zuwenig Organisation, zuviel Chaos, keine Kontinuität, Bock-Prinzip - es ist zu einfach,
diese Vorwürfe mit Gegenvorwürfen wie Kaderpolitik, Bewegungsmackertum und ZK-Strukturen zu
parieren, obwohl mir letztere noch viel mehr auf den Sender gehen (so vom Bauch aus) und
mir auch viel gefährlicher erscheinen (so vom Kopf aus) :
ich sehe mich irgendwie als potentiellen Kandidaten für ein postrevolutionäres Umerziehungslager.
Das einzig Gemeinsame liegt also in der Verschiedenheit? Es liegt, wie festgestellt, nicht in der
Lebensweise und auch nicht in den teils sehr wirren, teils zu klaren Zielvorstellungen von dem,
was mensch mal erreichen will. Es liegt aber sehr wohl in dem gemeinsamen Feind. Hier
treffen sich alle wieder, die Lederjacken und Bunthaare, die Spiritualisten, Marxisten, Anarchisten
und derweil auch wieder Kommunisten, die Randgruppen aus fast allen Bereichen, Ausländer, Schwule,
Frauen, Jobber, Kiffer, Rentner usw...
er ist der gemeinsame Feind ? Es sind Ausbeutung und Unterdrückung ! Alle Genannten (und noch
ein paar Millionen mehr) sind täglich diesem Feind ausgesetzt. Und alle wehren sich irgendwie,
auf eine jeweils sehr eigene Art und Weise. Es sind Subkulturen, die mit dem heute nicht
zurechtkommen, und die angefangen haben, sich ein Morgen zu bauen. Skins und Herthafrösche
auch dabei, bei dieser kolosalen Einheitsfront der Subkulturen ?
Logo nicht! Sie sind zwar auch von Ausbeutung und Herrschaft betroffen, sind auch Opfer dieses
mörderischen Systems, aber sie sind zugleich auch Täter, sie bejahen Hierarchie und Ordnung,
sie können uns sogar gefährlich werden und darum müssen wir uns gegen sie wehren.
Ich habe gesagt, es läuft ein alltäglicher Widerstand, den jeder auf seine Weise und in
seinem Bereich gestaltet. Das entbindet diesen aber nicht davon, sich einer Kritik zu stellen, auch
von sich aus darzulegen, was seine Methoden sind, was er bezweckt. Wir leben in einem Kiez, wir
haben miteinander zu tun, wir müssen miteinander einigermaßen klarkommen, weil die
andere Seite sich sonst die Hände reibt (wenn das der einzige Grund sein soll, is´n
bißchen dünne wa, Genossse ? d.S.). Jeder soll so leben wie er will, gut. Aber er
muß sich auch Fragen gefallen lassen nach den Hintergründen seines Tuns, ob sein Handeln nicht
z.B. eine Fluchtreaktion ist, ob es nicht gar anderen schadet. Diese Fragen richten sich nicht nur an Einzelne,
sie sind zu richten an Gruppen, an die jeweiligen Subkulturen nämlich, in denen jeder
Einzelne sich irgendwie wiederfindet, obwohl die Grenzen oft fießend sind.
Die meisten Anschisse erhalten - wohl zurecht - die AL'er und die taz´ler, diverse Bissigkeiten
haben auch die Anti-Imps einzustecken. Dies sind politische Subkulturen, bei denen
wir nur begrenzt ein einheitliches Äußeres, um so mehr einen ähnlichen, auf die anderen
Gruppenmitglieder abgestimmten Sprachstil feststellen. (Wer ist wir ? d.S.)
Was ist nun mit der Neuen Deutschen Buntheit (dies in geschickter Vermeidung der Bezeichnung
,Schickies') ?
Was uns an ihnen besonders auffällt ist ihre Kleidung, die betonte Auffälligkeit, ein
anderen gegenüber etwas arrogantes Gehabe, eine neue Betonung von Körperlichkeit, ein
leichter Hauch von Dekadenz. Keine Vorliebe für versyphte, düstere Anarchokneipen im Stil
der 70er Jahre, sondern abfahren auf Neon, grelle Farben und - mit verlaub gesagt - kitschige
Einrichtungen, die irgendwas haben von den 5Oern. Aber zweifellos machen sie sich durch
diese Äußerlichkeiten zu outsidern, die von den Normalos garantiert nicht beim Trampen
mitgenommen werden. Und sie sehen auch nicht gerade danach aus, als würden sie morgens
um fünf in die Fabrik rennen. Sie setzen sich bewußt ab von der Durchschnittlichkeit, die unsere
Gesellschaft beherrscht. Ob dafür viel Kohle notwendig ist, kann ich nicht beurteilen,
aber Lederjacken gibts' auch nicht für dreifuffzig bei Hertie auf´m Grabbeltisch.
Aus der psychologischen Horrorkiste greife ich mir Schlagworte wie Narzißmus, orale
Fixierung, übermäßiges Liebes- und Geltungsbedürfnis, Neue Innerlichkeit, extrovertierte
Introvertiertheit heraus. Aber das ist ja auch alles irgendwie Quatsch.
Irgendwann hatte der Stern mal eine dicke Story über die deutsche Jugend: lauter orale Flipper,
total auf sich selbst bezogen und unpolitisch, Titel: "Die Schlaffis kommen". Ein halbes
Jahr später brannten in Kreuzberg die Barrikaden.
Wahrscheinlich sind die neuen Bunten ziemlich unpolitisch. Es sind viele dabei, die
früher mal sehr politisch waren. Eine gewisse Art, Politik zu machen, scheint sie nicht überzeugt
zu haben. Kein permanenter Kampf mehr, lieber leben, solange es noch geht, in vollen Zügen,
lange dauern die Golden Eighties nicht mehr. So bin ich allerdings auch oft genug drauf.
Unten nörgeln schon Leute, ob das Teil nochmal fertig wird, und dabei wollte oder könnte ich ein Buch
darüber schreiben. Jetzt hab ichs gerade erst angerissen. Es bleibt somit an euch hängen,
euch die Köpfe drüber heiß zu reden, ob die Schickis jetzt Counter sind oder irgendwie auch´n
Sub, mit der mensch vielleicht sogar mal was anfangen kann im Kampf gegen dieses beschissene System.
Jedenfalls - es gibt sie, spätestens in der nächsten Wohnung, und für mich sind sie als
gleichberechtigte Mitbewohner im Kiez anzusehen, denen man nicht wahllos aufs Maul haut.
Immerhin scheinen sie sich zu viel wert zu sein, um in den Fabriken zu verrecken oder
sich den Spießernormen - auch der eigenen szene - zu beugen. Wie es weitergeht, hängt
auch von uns ab.
- elbe III -
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