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Dieser Redebeitrag wurde in stark gekürzter Version auf dem Berliner Ostermarsch am 5.4. 99 gehalten.

NATO-Überfall auf Jugoslawien

Rot-Grün bomben die neue Weltordnung herbei

Zum ersten mal seit 54 Jahren beteiligen sich die BRD-Machthaber wieder offen an einer kriegerischen Intervention. In den Jahrzehnten zuvor hatte die BRD sich lediglich logistisch beteiligt, aber wichtige kriegführende Parteien wie die Türkei in Kurdistan, die USA in Vietnam und später im Golfkrieg massiv mit Waffen und Milliardengeldern unterstützt.

Ganz anders als die Bevölkerung je hätte vorausahnen können, hat die neue rot-grüne Koalition unter Schröder und Fischer ihr Wahlversprechen eingehalten und die BRD binnen eines halben Jahres 'modernisiert': Unter Führung der US-Amerikaner bombardieren NATO-Kampfgeschwader jugoslawisches Hoheitsgebiet. Damit überfallen zum dritten mal in diesem Jahrhundert deutsche Soldaten serbisches Territorium und morden! Viele namhafte Völkerrechtler im In- und Ausland sind sich einig, daß die kriegerische Intervention der NATO-Verbände einen eindeutigen Bruch des Völkerrechts darstellt und selbst gegen die eigenen NATO-Statuten verstößt, welche nämlich keinen Angriffskrieg erlauben. Daß das Grundgesetz in Artikel 26 für die deutsche Politik und das Militär selbst schon die Vorbereitung und erst recht die Durchführung eines Angriffkrieges unter Strafe stellt, interessiert die Bonner Kriegsmafia ebenfalls nicht.

Gut, wir haben es ja schon immer gesagt: wenn es für die Herrschenden draufankommt, ist ihnen jedes Recht und Gesetz scheißegal. Und doch stellt dieser NATO-Krieg eine geschichtliche Zäsur dar:
Es ist glasklar, hier wird nicht nur verbrieftes Grundrecht gebrochen - hier wird eine neue Rechtsordnung herbeigebombt. Es ist das Recht der "Neuen Weltordnung", die von US-Präsident Bush zu Beginn des Überfalls der USA auf den Irak 1991 verkündet wurde. In dieser Ordnung geht's um die Zementierung der imperialen Herrschaft der westlichen Industriestaaten, der sogenannten Zivilgesellschaften gegenüber den 'unzivilisierten' barbarischen Despoten und Regime der übrigen Welt. Insofern ist die Fokussierung der Kriegspropaganda auf den serbischen Präsidenten Milosevic nicht nur die Wiederholung der Propaganda aus dem Golfkrieg gegen Sadam Hussein, sondern es ist die Vorweg-nahme zukünftiger Kriegspropaganda um die "Ölinteressen" im Vorderasien der US-Konzerne zu sichern oder die "Rohstoffinteressen" der Bundesrepublik in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion militärisch durch "Kriseninterventionskräfte" (so der ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, Naumann) zu verteidigen. Und diese Funktion wird in Europa, Vorderasien und Afrika die NATO übernehmen, in Lateinamerika werden derzeit supranationale "Kriseninterventionkräfte" unter US-Führung aufgebaut und die nationalen Armeen sollen dort aufgelöst werden. In dieser 'Neuen Weltordnung' ist für die UNO und das von ihr garantierte Völkerrecht kein Platz mehr. Hier zählt nur noch das Recht des Stärkeren - und das sind heute ausschließlich die westlichen Industriestaaten, inclusive Japan.

Daß durch die Bombardierung militärischer und ziviler Stellen in Serbien und dem Kosovo die Kosovo-Albaner vor den serbischen Truppen geschützt und die Vertreibung aus ihrer Heimat unterbunden wird -daran glauben außer Schröder, Fischer und Konsorten niemand mehr. Was für polit-ökonomische Ziele die NATO und besonders die BRD mit diesem Angriffskrieg verbindet, bleibt unklar. Ökonomische Interessen, wie irgendwelche Ölvorkommen können es nicht sein, dafür sind sie im Weltmaßstab zu gering. Offensichtlich geht es den NATO-Politikern und Militärs um eine einzigartige Machtdemonstration. Nicht nur gegenüber Jugoslawien, sondern vor allem auch gegenüber Rußland.

Der Welt soll demonstriert werden, wer die eigentlichen Herrn sind!
Die "Bewahrung der Menschrechte" sind da nur willkommener Vorwand und total unglaubwürdig, zu oft haben diese Herrn in den letzten Jahrzehnten selbst sich an Menschenrechtsverletzungen in ihren Staaten und im Ausland beteiligt (siehe das NATO-Land Türkei in Kurdistan), zu menschenverachtend springen sie mit den Millionen Flüchtlingen in ihren Ländern um. Besonders widerwärtig ist darin das Verhalten der großen Mehrheit der Grünen-Spitzenpolitiker, die wie Vollmer oder Schlauch die jetzige "Kriseninter-vention" als "Fortsetzung" bzw. "Modernisierung" des Pazifismus bezeichnen! Solchen Politikern kann nicht mehr gewaltfrei auf der Straße gegenübergetreten werden!

Wenn wir so eindeutig gegen diesen NATO-Krieg Stellung beziehen, so sollten wir auch eindeutig Stellung beziehen gegen den Haß und den Nationalismus unter vielen Ethnien auf dem Balkan. Die Auflösung Jugoslawiens 1991/92 war das Produkt eines in den 80 er Jahren wieder stark aufkommenden Nationalismus innerhalb der jugoslawischen Völkergemeinschaft, der selbst unter Tito nie ganz beseitigt werden konnte.

Natürlich hat die BRD durch die vorschnelle Anerkennung Kroatiens und Sloweniens zum Zerfall Jugoslawiens beigetragen, aber alles dem damaligen Außenminister Genscher in die Schuhe zu schieben, übergeht die Brisanz und Heftigkeit der nationalistischen Konflikte in Jugoslawien und entschuldigt die nationalistischen Einpeitscher in den Führungsetagen der jugoslawischen Parteien.

Der Nationalismus zwischen Kroaten und Serben, aber auch zwischen Kosovo-Albanern und den reicheren Kroaten und Serben wird ganz häufig auf den wirtschaftlichen Niedergang Jugoslawiens in den 80 er Jahren zurückgeführt. Und an diesem Niedergang haben die westlichen Industriestaaten und der IWF eine gehörige Portion Mitschuld. Die harten Auflagen des IWF bewirkten Massenentlassungen, Lohnraub und Massenstreiks. Hundertausende JugoslawInnen mußten als ArbeitsemigrantInnen in den Fabriken Westeuropas schuften.

Jugoslawien war aber entgegen der Propaganda eines Ronald Reagan schon in den 80 er Jahren kein sozialistisches Land mehr. Die Arbeiterselbst-verwaltung stand nur auf dem Papier, der Bund der jugoslawischen Kommunisten herrschte unumschränkt und hatte schon unter Tito jegliche Linksopposition (so die Gruppe "Praxis") verboten. Die Parteispitzenfunktionäre waren zugleich die Wirtschaftsführer und bedienten sich reichlich aus den Firmenkassen.

Korruption und Staatsbetrug nebst mafiöser Strukturen kennzeichen heute das Bild in nahezu allen jugoslaw-ischen Nachfolgestaaten auf dem Balkan. Dabei hat der Großteil der Bevölkerung unter einer extremen Verarmung, Hunger und Arbeitslosigkeit zu leiden.

Über Jahrzehnte mußten die reichen Republiken Slowenien und Kroatien den armen Süden, den Kosovo und Montenegro mit Geldern bezuschussen. Dies hat nationale Rivalitäten immer wieder aufs Neue geschürt. Darüberhinaus rebellierte die albanische Mehrheit im Kosovo immer wieder gegen die Benachteiligungen aus Belgrad und forderte die Anerkennung als jugoslawische Republik. Marshall Tito gewährte ihnen dann 1974 als Kompromiß eine weitgehende Autonomie. Diese Autonomie wurde dann 1987 durch den neuen jugoslawischen Präsidenten Milosevic aufgehoben und prompt eskalierten wieder die Unruhen im Kosovo. Albanisch sprachige Universitäten und Schulen wurden geschlossen, die albanische Kultur unterdrückt.

Allerdings reicht als Erklärung für den brutalen Haß und Nationalismus der beschriebene wirtschaftliche Niedergang nicht aus. Die Unterdrückung der serbischen Minderheit in Kroatien, der muslimischen Ethnien in Bosnien, der Albaner in Kosovo usw. läßt sich nur durch mehrere Ursachenfaktoren beschreiben. Zum einen haben jahrhundertealte kulturelle Unterschiede zwischen katholischen Kroaten, orthodoxen Serben und muslimischen Bosniern bzw. Albanern die offiziell atheistischen Zeiten Titos überdauert und wurden u.a. von Milosevic Mitte der 80 er Jahre wiedererweckt, als er die orthodoxe Kirche zur Staatskirche erhob und den Glaubenskrieg gegen die Muslime und Katholiken begann. Ein anderer wesentlicher Faktor für den verbreiteten Nationalismus ist die tiefsitzende patriarchale Tradition und Gesellschaftstruktur aller jugoslawischen Ethnien. Wie sonst wären die Massenvergewaltigungen im Bosnienkrieg zu erklären? Die patriarchale Familie bildet gerade in Zeiten extremer Verarmung und äußerlicher Bedrohung durch Krieg und Vertreibung immer noch das Rückgrat der jugoslawischen Gesellschaften.

Die unbedingte Solidarität mit den großenteils serbischen Opfern darf nicht die Kritik an dem weitverbreiteten Nationalismus (die zweitstärkste Kraft neben der Milosevic-Partei in Jugoslawien stellt seit dem Herbst 1997 die faschistisch-nationalistische Partei des Herrn Seselj dar) unter den Tisch fallen lassen!

Aber zu allererst, und immer wieder müssen wir die NATO politisch angreifen! Der Kosovokonflikt schien schon befriedet. Die NATO-Strategen hatten gerade infolge des Daytoner-Friedensabkommens von 1995 für Bosnien mit Milosevic gut zusammengearbeitet. Milosevic sorgte für den Sturz des Ultranationalisten Karadzic. Milosevic ließ sich in den Verhandlungen mit den NATO-Unterhändlern im letzten Jahr auf die Wiedereinführung der Autonomie im Kosovo ein.

Doch die NATO spielte ein doppelzüngiges Spiel. Sie ließ seit Anfang der 90 er Jahre die Aufrüstung der albanischen Untergrundarmee UCK zu bzw. half ihr dabei tatkräftig durch Waffenlieferungen. Das Ziel der UCK ist von Anfang an die Errichtung eines großalbanischen Reiches unter Einschluß des Kosovo und Makedoniens. Und es war seit Jahren jeder neutralen Beobachterin klar, das die bewaffnete Intervention der UCK im Kosovo nur noch eine Frage der Zeit ist. Wir wissen nicht, welche genaue Rolle die UCK im strategischen Spiel der NATO auf dem Balkan spielen soll. Wir wissen nur, daß die NATO mit ihren Luftbombardements im Kosovo als Luftstreitmacht der UCK fungiert. Die NATO hat durch ihre Kriegführung und den vorausgegangenen Rückzug der OSZE-BeobachterInnen die Vertreibung der Kosovo-AlbanerInnen entscheidet begünstigt.

Wir wußten es schon immer und sagen es wieder: Krieg ist kein Mittel, Nationalitäten- oder soziale Konflikte zu lösen. Krieg verschärft das Elend der Völker!

In mehreren NATO-Staaten - voran Italien und Griechenland - organisiert sich breiter Widerstand gegen den NATO-Krieg in Jugoslawien. Unsere Aufgabe hier sollte es sein, den Kriegsstrategen das ruhige Hinterland zu nehmen und ihren Krieg mit allen Mitteln zu sabotieren und anzugreifen!

BRD raus aus der NATO!
Auflösung der NATO!
Abschaffung der Kriegsindustrie weltweit!
Verweigert den Kriegsdienst! Desertiert!

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