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aus: Der Blues, Band 2
Auflösungspapier Bewegung 2.Juni
Nach 10 Jahren bewaffnetem Kampf wollen wir unsere Geschichte kritisch
reflektieren und erklären, warum wir heute sagen: Wir lösen die Bewegung
2.Juni als Organisation auf und führen in der RAF - als RAF - den
antiimperialistischen Kampf weiter.
Die Bewegung 2.Juni hat sich als Widerspruch zur RAF gegründet, mit der
unklaren Bestimmung, "spontane proletarische" Politik zu machen. Wir haben
die revlutioäre Theorie, die Analyse der Bedingungen - aus der heraus die
Stratagie und Taktik, die Kontinuität und Perspektive des Kampfes erst entwickelt
werden kann - für unwichtig gehalten und "drauflosgekämpft", mit dem Ziel,
die Jugendlichen anzutörnen, und so haben wir auch unsere Praxis nach der
Frage - was törnt an - bestimmt und nicht nach der Frage, wo sind die wirklichen
Widersprüche, die Friktionen in der imperialstischen Strategie, die wir
angreifen müssen.
Die Bewegung wer eine vermeintliche Alternative zur RAF als eine Möglichkeit
derjenigen Genossen, denen der kompromißlose Kampf zu weit ging.
Das hat 10 Jahre lang Spaltung, Konkurrenz und Desorientierung unter
den Linken und auch in der Guerilla produziert und es hat auch unseren
eigenen revolutionären Prozeß behindert.
So haben wir mit unseren Aktionen auf der populistischen Linie operiert, ohne
die politische Orientierung zu geben, ohne eine Mobilisierung gegen die
Strategie der Schweine zu schaffen.
Es ist nie die Aufgabe der Guerilla, sich der Bevölkerung gefällig zu zeigen, um
ihren Beifall zu bekommen, sondern - in einem Land, in dem der Nazi-Faschismus
und die vom US-lmperialismus eingebundene Sozialdemokratie die
Arbeiterklasse um jede proletarische Organisation gebracht haben - die
vorderste Front zu sein, die zentralen politischen Widersprüche durch den
bewaffneten Angriff zu eskalieren, um den Staat in die politische Krise zu
treiben.
Was die Guerilla in der Metropole nur sein kann: der politische Sprengstoff im
imperialistischen Gefüge, der Angriff, der den Riß zwischen Gesellschaft und
Staat zum Bruch - also revolutionäre Politik - entwickelt, indem Mobilisierung
proletarische, antiimperialistische Organisierung wird und das politische
Kräfteverhältnis für uns kippt.
Der politische Angriff, materialisiert durch die Waffe, bleibt immer ein Sieg,
selbst da, wo die Operation militärisch geschlagen wird, weil er diesen Prozeß
antizipiert und einleitet.
Diese Kontinuität der Guerilla ist in ihrer Strategie zu finden, trotz schwerer
militärischer Niederlagen.
Und das ist auch der Unterschied von Schleyer und Lorenz. Wir können heute
unsere wichtigste Aktion getrost kritisieren. In ihr sind alle Fehler zu
finden, die wir 10 Jahre lang gemacht haben und aus denen wir gelernt haben.
Die Befreiungsaktion 75 in Berlin ist in einer politisch zugespitzten Situation
gelaufen. Der Kampf der Stammheimer Genossen hatte eine nationale und
internationale Mobilisierung geschaffen, die durch den großen HS (Hungerstreik)
auf den Höhepunkt gebracht und von Schmidt kaum noch
zu verkraften war. Diese Situation haben wir nicht nur völlig ignoriert, sondern sie
über die Auswahl der Gefangenen auch politisch gekippt.
Darin und in dem Typen - aus einer Partei, die für die imperialistische
Strategie nur noch eine untergeordnete Bedeutung hat - lag statt Strategie des
Kalkül. In unserer propagandistischen Arbeit zu und nach PL (Peter-Lorenz-Aktion?d.Red)
war uns der kurzfristig errungene Sieg - das konsumierbare Ritual wichtiger, als
das politisch militärische Niveau zu erkämpfen, das die imperialistische Strategie bricht.
Darin ist auch die Wurzel der pervertierten Spaßguerilla von Reinders,
Teufel etc. zu finden. Die Offensive der RAF´77 und die Reaktion des Staates hat
letztlich auch uns neu vor die Frage der politischen Strategie gestellt.
´77 ist ein Einschnitt sowohl in der Entwicklung der imperialistischen
Strategie als auch in der Bestimmung der Metropolguerilla. Seit dem Massaker
in Mogadischu und Stammheim hat Schmidt Westeuropa - unter der
Führungsrolle der BRD - die politische Bestimmung gegeben:
Projekt und Modell das lmperialismus in der Krise gegen die Befreiungskämpfe in
der 3.Welt und in der Metropole Westeuropa.
Der bedingungslose Einschluß Westeuropas in die US-Militärstrategie und die
Militarisierung der Metropolenstaaten nach Innen über einen tendenziell
einheitlichen Apparat ist die Reaktion der Imperialisten auf die Zunehmende
Gleichzeitigkeit der revolutionären Kämpfe weltweit.
Die revolutionäre Strategie internationalisiert sich, indem die antiimperialistischen
Gruppen den Hauptfeind USA und das Projekt Westeuropa erkennen.
Die USA und ihre Komplizen wissen, daß ihre nächste strategische Niederlage in
irgendeiner Region der Welt sie auf das Gleis der endgültigen Niederlage bringt.
Die "Nach-Vietnam-Ära" - also der Versuch, aus der Defensive nach der
politisch-militärischen Niederlage des US-lmperialismus in Vietnam politisch-ökonomisch
wieder zur Strategie zu kommen - ist im Iran - nach der Kette von Angola bis Kambucea -
zusammengebrochen.
Die imperialistische Politik sucht jetzt militärisch die Lösung, die sie nicht
erreichen kann und kommt so - in der Vorbereitung totaler Vernichtung auf
den nackten Begriff ihres Inhalts. Die erneute, und dann wohl letzte
Entfesselung des Krieges in Europa, der von vornherein als Atomkrieg konzipiert
ist, verhindert werden. Das Theorem des "begrenzten Krieges" kommt in dieser
Perversion zu einer neuen Variante.
Die Kriegevorbereitungen zielen nicht auf die Aufteilung der Welt unter
imperialistischen Kontrahenten. Ihr Inhalt ist Revolution oder Konterrevolution - und
so der Abschnitt der Konfrontation, an dem die Entscheidung laufen wird.
Diese Entscheidung in der lnternationalen Konfrontation wird letztlich in den
Metropolen laufen, weil sich die siegreichen, zum Staat gewordenen
Befreiungsbewegungen der 3.Welt notwendigerweise solange im
Ost-West-Widerspruch konsolidieren müssen, solange die imperialistischen Zentren
diese militärisch und über die Abhängigkeit vom Weltmarkt erpressen können.
Es ist der Inhalt des ganzen weltrevolutionären Prozesses - Zerschlagung des Staates,
Selbstbestimmung, Identität - der in der Metropole im Kampf um Kommunismus in den letzten
Jahren der Auseinandersetzung seine besondere Reife und Brisanz bekommen
hat - sich jetzt materialisiert - oder gar nicht.
Dies ist die Frage an die ganze Linke in Westeuropa, ob sie in dieser eskalierten
Situation, in der - so oder so - eine Entscheidung fallen wird, ihre historische
Aufgabe wahrnimmt oder sie verraten wird.
EINHEIT IM ANTIIMPERIALISTISCHEN BEWAFFNETEN KAMPF
2.6.1980
Zum letzten Mal: Bewegung 2. Juni
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